Mittwoch, 8. Oktober 2025
Montag, 29. September 2025
Mittwoch, 24. September 2025
Agrarindustrialisierung: Flucht nach vorne
In meinem Buch dient mir der bodenlose Anbau - hydroponischer Pflanzenbau in abgeschotteten Anlagen - als Leitmotiv. Der Rückzug vor der feindlichen Umwelt soll die Effizienz der Agrarproduktion abermals steigern, gleichzeitig aber auch Schutz bieten vor Sturm, Hitze und Schädlingen.
Geschlossene, daher geschützte Systeme verbreiten sich über den Obst- und Gemüsebau hinaus. Der Trend findet sich beispielsweise auch in der Fleisch und Fischproduktion. Zum Beispiel werden Fische und Meerestiere zunehmend in einer "super-intensiven" Aquakultur an Land gemästet. Diese Entwicklung macht den Zusammenhang zwischen Heißzeit und technischer Innovation besonders deutlich: Die Aquakultur im offenen Meer hat lokale Lebensräume und Lebensgemeinschaften fast zugrunde gerichtet. Nun sucht die Branche nach einem Weg für den geordneten Rückzug – und will ihre Nutztiere gleich mitnehmen.Vor kurzem hatte ich die Gelegenheit, eine Aquakultur-Kreislaufanlage auf dem Festland zu besuchen. Meine Reportage ist nun im Freitag erschienen. Es geht darin um die unvermeidliche Ökobilanz (Frage: "Ist das denn gut für die Umwelt?", klare Antwort: "Kommt drauf an!"), um die allmähliche Entwicklung der Fischzucht zu einer Tierindustrie und nicht zuletzt um die Fische, die eine künstliche Umwelt bewohnen.
In der Halle ist es dunkel und still. Nur die elektrischen Pumpen und Ventile sirren leise und monoton. Der schmucklose Raum könnte ebenso gut als Fabrikhalle dienen. Aber statt Maschinen stehen hier meterhohe Becken aus grünem Hartplastik. Darin etwa einhunderttausend Liter Wasser, darin wiederum einhunderttausend Fische. Zander, genauer gesagt. Ihre Schuppenhaut schimmert silbrig grün und blau. Die kreisrunden Augen leuchten wie die von Katzen, wenn sie das Licht einer Taschenlampe trifft.
Als die Tiere ein elektronisches Piepen hören, geraten sie in Aufregung. An einer Schiene an der Hallendecke entlang fährt, mit einem unangenehm kreischenden Geräusch, eine Art Roboter. Die Zander schwimmen in die Mitte der Becken, drängeln sich um die besten Plätze unter der Schiene. Kleine Kügelchen Fertigfutter fallen nach unten, die Fische schnappen sie, bevor sie im Wasser versinken.
Montag, 22. September 2025
Freitag, 19. September 2025
Dienstag, 16. September 2025
Das Laufband als Allegorie
Heute geht es darum, das postmoderne Sinnbild dieses Denkens zu hinterfragen: das ohnmächtige Auf-der-Stelle-Treten im Angesicht einer globalen Katastrophe, die sich immer deutlicher ankündigt, eine Simulation, stimuliert durch die Trugbilder des eigenen Dahinschwebens, befreit von den Unwägbarkeiten einer allzu vorhersehbaren Realität. Hier geht es weder vorwärts noch rückwärts; der Mensch auf dem Laufband versucht die Schuld des Lebens zu sühnen oder den Moment des Todes hinauszuschieben – zwei fixe Ideen, die ihn quälen An seinen Posten gebannt überwacht er die eigene Leistung, angetrieben von Dopamin; wenn es um das Hochgefühl geht, das das Cardio-Training ihm beschert, ist er zugleich Dealer und Süchtiger. Er müht sich ab und ist dabei sein eigener Chef, er betätigt sich als time keeper der eigenen Ausdauer und ist schlussendlich ein Proletarier, der nichts zu verlieren hat als seine überschüssigen Pfunde. Neben den anderen Gestalten, die alle auf derselben Startlinie feststecken, arbeitet er daran, die Arbeitskraft wiederherzustellen, die daran arbeitet, die Arbeitskraft wiederherzustellen, die daran arbeitet … … und immer so fort gemäß einem bekannten kapitalistischen Teufelskreis.
Dienstag, 2. September 2025
Gehorsame Deutsche?
Martin Wagner konstatiert ein Missverhältnis zwischen dem Verschwinden des Gehorsams als
expliziter Kategorie des öffentlichen Diskurses und dem hartnäckigen Nachleben seiner alltäglichen Erfahrung. Vom Straßenverkehr über die Schule bis zum Steuerwesen und der Realität des Arbeitsplatzes werden wir regelmäßig mit Situationen konfrontiert, in denen uns Gehorsam abverlangt wird – wobei die Verwendung des Wortes hier doch heute in der Regel seltsam verstörend wirken würde.Gehorchen? Ich?!? Das Wort klingt archaisch, wenn alle tun, was sie sollen, dies aber aus tiefster Überzeugung. Reale Unterordnung, kritisiert der Autor zu Recht, werde in allen gesellschaftlichen Bereichen tabuisiert, eskamotiert oder beschönigt. Das ist ein wichtiger Hinweis angesichts des Erfolgs einer rechtspopulistischen Politik, die libertären Pathos mit autoritärer Ausgrenzung verbindet.
Ich habe das Buch für die Sendung Andruck beim Deutschlandfunk besprochen.
Montag, 1. September 2025
Freitag, 29. August 2025
Freitag, 8. August 2025
Sonntag, 3. August 2025
Montag, 21. Juli 2025
Fun fact # 77: Arbeitsverweigerung
Montag, 7. Juli 2025
Fun fact # 76: Vergangenheitsbewältigung
Donnerstag, 19. Juni 2025
Freitag, 13. Juni 2025
Keine Hoffnung in der Heißzeit?
Ein Ausweg, dessen Gestaltung offen bleibt, ist ein internationaler Güteraustausch jenseits der kapitalistischen Globalisierung. Denn dieser wird unter den erschwerten Anbaubedingungen der Heißzeit, bei regionalen klimabedingten Ernteausfällen, immer wichtiger. Wer wird also die Welt ernähren? Becker erörtert die Komplexität und Widersprüche sowohl des bestehenden Systems als auch einer ökologischen Transformation. Hoffnung auf einfache Lösungen kann er nicht vermitteln.Damit hat die Rezensentin recht. Sicher, es nutzt auch wenig, die kommende Agrarkrise in schwarz und blutrot auszumalen, aber beschönigen will ich die Zukunft nicht. Hoffnung muss plausibel sein, sonst ist sie neurotisch. Und es ist auch gar nicht so, als gäbe es keine Anlässe zur Hoffnung. Sie finden sich, meiner Meinung nach, allerdings nur abseits der staatlichen Agrarpolitik, Agrobusiness und Lebensmittelindustrie und ihren quick fixes.
Andereseits glaube ich nicht, dass die (von der Agrarwende-Bewegung oft verklärte) "kleinbäuerliche Landwirtschaft" zu einer gerechten und ökologisch nachhaltigen Anpassung an die Heißzeit in der Lage sein wird. Sie kämpft gegen die ökologische Krise an, die auf die Erträge drückt. Sie leidet unter den gleichen wirtschaftliche Schwierigkeiten wie die Agrarindustrie (einschließlich der Urproduktion, die sich diese sozusagen einverleibt hat). Sie müsste, um die Welt zu ernähren, ihre Produktion um ein Vielfaches steigern.
Weder die Flucht nach vorne in Richtung Abkopplung und Automatisierung, noch die Rückwendung zu früheren Anbautechniken kann uns retten (auch wenn sowohl neue als auch traditionelle Methoden sinnvoll sein können).
Aber wer dann, wenn nicht (allein) die Kleinbauern? Es stellt sich die Frage nach dem Subjekt der Veränderung, auf die ich keine klare Antwort gefunden habe. Nicht, weil ich nicht gesucht hätte: das drängende und globale Problem ist objektiv ungelöst.
Auch in einem Interview für Analyse und Kritik (Paywall) stellte mir Eva Gelinsky diese Frage.
Die verschiedenen »Auswege« oder Utopien für eine »widerstandsfähige und produktive Landwirtschaft in der Heißzeit«, die du am Ende des Buches skizzierst, zeigen, dass es vielfältige Lösungsansätze gäbe. Im Kapitalismus sind diese aber kaum umsetzbar; gleichzeitig beschleunigt sich die Erderhitzung. Wie gehen wir mit diesem Dilemma um?
Eine bessere Agrarproduktion trifft auf den heftigen Widerstand des Kapitals, der Grundbesitzer und auch der Agrarunternehmen in Familienbesitz. Angesichts der gegenwärtigen Kräfteverhältnisse bleibt wenig mehr, als uns mit politischer Organisation und Theoriearbeit auf die kommenden Krisen und Kämpfe vorzubereiten, fürchte ich. Sie werden unweigerlich kommen.
Freitag, 30. Mai 2025
Samstag, 24. Mai 2025
Montag, 19. Mai 2025
Fun fact # 75: Generationengerechtigkeit
Dienstag, 6. Mai 2025
Freitag, 25. April 2025
Freitag, 11. April 2025
Mittwoch, 19. März 2025
Dienstag, 18. März 2025
Bodenlos - Wer wird die Welt ernähren?
Donnerstag, 27. Februar 2025
Fun fact # 74: Heiligkeit
Dienstag, 18. Februar 2025
Montag, 17. Februar 2025
Elon Musk – (immer noch) das Gesicht der späten Digitalisierung?
Nun erleben wir ein weiteres Zusammenwachsen von Digital-Kapital und Staatsapparat, das wahrscheinlich nicht auf die Vereinigten Staaten beschränkt bleiben wird. Aus diesem Anlass habe ich meinen Text ins Netz gestellt - vielleicht nützlich, um die Entwicklung seitdem zu verstehen.
Wer Elon Musk lächerlich findet, spricht gleichzeitig ein Urteil über unsere Zeit, die ihn hofiert. Er ist sozusagen eine Mischung aus John Pierpont Morgan und Charles Ponzi, ein Industrieller und ein Hochstapler, und solche merkwürdigen, diffusen Mischungen charakterisieren die späte Digitalisierung.