Donnerstag, 29. November 2007

Arbeitsverweigerung im 2. Weltkrieg



Das konservative englische Wochenmagazin Spectator (jenes mit dem mutmaßlich blödesten Werbespruch, der überhaupt möglich ist - champagne for the brain) brachte vor zwei Wochen einen Artikel mit dem schönen Titel
"Wie wir wegen Arbeitskämpfen fast die Schlacht um Britannien verloren"

Es ist eine Episode, die niemals wirklich erzählt wurde, auch weil sie nicht in zu dem romantischen Mythos über Churchill passt.

Und das bekanntlich nicht nur in England. In der Rüstungsfabrik in Birmingham, wo unter anderem die Spitfire hergestellt werden sollte, wurde wegen fortgesetzten Streiks und Arbeitsverweigerung bis Mai 1940 kein einziges Flugzeug oder U–Boot gebaut. Ein Zeitgenosse schrieb in einem Bericht an das britische Innenministerium:

Die Arbeitskräfte sind in einem sehr schlechten Zustand. Es fehlt an Disziplin. Die Leute gehen vorzeitig und kommen zu spät, wenn es ihnen gefällt, nehmen sie sich am Abend frei. Mir ist aufgefallen, dass sich in manchen Bereichen der Fabrik die Arbeiter selbst dann nicht zusammennahmen, wenn der Vorarbeiter kam.

Der Krieg gegen die Nazis bedeutete offensichtlich nicht, dass sich die Arbeiter willig Verzicht übten – während sie andererseits zum großen Teil ganz widerspruchslos kämpften. Oder, wie Arthur Koestler in The Lion and the Ostrich von 1973, seinem Lamento über die passiv–aggressive englische Arbeiterklasse, schreibt:

Der Arbeiter, der in El Alamein willig sein Leben gab, um die Freiheit seines Landes zu verteidigen, rührt in Dagenham (ein Industriegebiet bei London) keinen Finger, um das Land vor dem Bankrott zu retten.

Mittwoch, 28. November 2007

Heute



Heute: Wetter! Schön.

Dienstag, 27. November 2007

Aufmerksame Leser

Nichts freut mich mehr, als gelegentlich zu erfahren, dass meine Arbeit auf Interesse stößt. Heute morgen bekam ich eine Leserzuschrift mit dem folgenden Text:

"Halt’s Maul, aber plötzlich, und weg mit Deinem Scheiß über uns!"

Reizend. Besonders gefällt mir dieses antiautoriäre "aber plötzlich"! Unterschrieben ist das mit "SPK / PF (H)", den Nachlassverwesern des Sozialistischen Patientenkollektivs. Wer wissen will, was die Kolleginnen und Kollegen so aufregt, der Text findet sich hier.

Donnerstag, 22. November 2007

Erobern die Taliban Afghanistan zurück?

Das legt jedenfalls eine Studie des "Sensil Councils" nahe. Ich weiß nichts weiter über diesen Thinktank, der behauptet, dass "die Taliban in 54 Prozent des Territoriums dauerhaft präsent sind". Immerhin hat der kompetente pakistanische Autor Ahmed Rashid bei seinem Besuch in Berlin Anfang November gesagt, dass die Taliban "in den letzten Tagen versucht haben, Kandahar zurückzuerobern". Der Guardian von heute druckt eine Karte des Landes ab, die tatsächlich so aussieht, als seien die Alliierten auf dem Rückzug.

Montag, 19. November 2007

"Tabuisierung ist die falsche Antwort."

Innenminister Wolfgang Schäuble hat anscheinend letzte Woche vor der Karlsruher Justizpressekonferenz ungefähr dieselbe Rede gehalten, der vor drei Wochen beizuwohnen ich das zwiespältige Vergnügen hatte, und über die ich bei Telepolis berichtet habe. Damals sagte Schäuble

Beispielsweise entspricht die strikte Trennung zwischen Völkerrecht im Frieden und Völkerrecht im Krieg den neuen Bedrohungen nicht mehr. Und auch die Einordnung von Terroristen in das System des humanitären Völkerrechts, das von der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nicht–Kombattanten ausgeht, bereitet Schwierigkeiten.

Patrick Bahners analysiert in der FAZ von heute solche Rhetorik als "asymmetrische Wortkriegsführung":

Seine Interventionen versieht Schäuble regelmäßig nachträglich mit der Erläuterung, er habe keineswegs vorgeschlagen, geschweige denn gefordert, beispielsweise eine gesetzliche Ermächtigung für die gezielte Tötung von Terroristen zu schaffen. Er habe lediglich einen Denkanstoß geben wollen, was besser nicht unausgesprochen bleibe."

Exakt. In Berlin klang das so: "Ich versäume keine Gelegenheit, Debatten anzustoßen", auch "sensible" und "schwierige" - Schäuble, ein Kämpfer gegen Tabus, die allerdings niemals beschrieben werden. Man wird die Menschenrechte doch wohl noch kritisieren dürfen!

Sonntag, 18. November 2007

"Forschen und verwerten"

Übrigens ist vor einigen Tagen ein neuer Artikel von mir in der 'Jungen Welt' über Forschungspolitik und den Weltmarkt F&E erschienen.

Samstag, 17. November 2007

Spürt ihr sie auch, die Klassenschranke?

Vergangene Woche wurde in der FAZ eine Armbanduhr, ich wiederhole: eine Armbanduhr begutachtet (in meinem Lieblingsressort "Motor & Technik") und für ganz ok befunden. Im letzten Satz wurde der Preis erwähnt, 52 400 Euro nämlich.

In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung stand dann heute, daß in dem New Yorker Restaurant Serendipity 3 ein Dessert üblicherweise 25 000 US-Dollar kostet.

Donnerstag, 15. November 2007

"Ach, deutscher kann doch niemand sein"

Die FAZ berichtet heute über eine öffentlichen Diskussion über Mearsheimers und Walts Buch "Die Israellobby". Neben merkwürdigen Anmerkungen (Können Antisemiten urban sein?) findet sich in dem Text von Lorenz Jäger die folgende schöne Beobachtung:

Auch die 'Antideutschen' sind da und melden sich höflich zu Wort ... Antideutsch? Ach, deutscher kann ja kein Jüngling sein als dieser verträumte Blondschopf, auch nicht deutscher im international berüchtigten Sinn des Wortes: weltfremd eifernd.

Dienstag, 13. November 2007

Heute in Spandau

Es fühlt sich dort trist an wie nur irgendwo in Osteuropa. Aber sie bringen die Sache auf den Punkt:

Montag, 12. November 2007

Alte Männer, große Ohren

Dieser Post geht raus an alle Zweiflerinnen und Zweifler:

Schaut selbst:

Why Do Old Men Have Big Ears?

Samstag, 10. November 2007

Deutschland führt Krieg - merkt das jemand?

In der FAZ von heute ist zu lesen, daß "etwa 200 Soldaten" an einer NATO-Offensive in Nord-Afghanistan beteiligt waren. "Die Hauptphase der Operation hatte am 31. Oktober begonnen." Vor 10 Tagen also. Deutschland führt Krieg, und keiner kriegt's mit.

Freitag, 9. November 2007

Mediale Türsteher, damals wie heute

Arthur Koestler kam 1930 nach Berlin und begann, bei der liberalen Vossischen Zeitung zu arbeiten. Wie reagierten seine Kollegen, als die Weimarer Demokratie erodierte?


Jede Phase dieses Auflösungsprozesses spiegelte sich in der Meinungsfabrik, in der ich tätig war. Der Ton unserer Zeitung änderte sich merklich. In der Vossischen Zeitung erschien wöchentlich eine Spalte, die Meldungen über deutsche Minderheiten außerhalb der Reichsgrenze brachte. Nicht wenige von uns hörten damals das Wort „Sudentendeutsche“ zum ersten Mal. Es klang so hinterwäldlerisch, dass es zum ständigen Witz der Feuilletonredakteure wurde, zu sagen: „Du bist ein typischer Sudentendeutscher.“ Doch die Spalte war nicht als Witz gedacht. Sie war Ausdruck einer halb unbewussten Neuorientierung vom Kosmopolitismus weg zum Alldeutschtum.
Dem Westen gegenüber versteifte sich die Haltung zusehends. Wir hatten dem Versailler Vertrag immer eine kritische Haltung eingenommen, jetzt ging sachliche Kritik in selbstgerechte Anmaßung über. Die Leitartikel wurden gespreizt, patriotisch und provizlerisch. Es war nicht nötig, die Redakteure und Auslandskorrespondenten zu diesem Kurswechsel aufzufordern. Nachdem der Ton einmal angeschlagen war, passten sie sich an – instinktiv und automatisch. Hätte man ihnen vorgeworfen, dass sie ihren Standpunkt geändert haben, würden sie es entrüstet und überzeugt verneint haben.


(Als Zeuge der Zeit, Seite 109 f., Franfurt 2005)


Donnerstag, 8. November 2007

Ich jetzt also auch!

Wenn ich mein Leben ohnehin im Internet verbringe, kann ich euch ja wenigstens daran teilhaben lassen! Könnt ihr mich hören? (Wer jetzt nein sagt, verliert.)

Die neue Ausgabe des unsäglichen UNI –SPIEGEL hat übrigens folgenden Umschlag:











Daß so etwas für werbewirksam gehalten wird, sagt einiges über Redakteure wie Zielgruppe. Zieht euch ganz aus, macht euch zum Deppen und lacht so laut ihr könnt über die Witze auf eure Kosten. Aber die macht ihr ja selber!

(Diesen Plauder- und Besserwisserton muß ich wohl noch üben ...)