Mittwoch, 30. Januar 2013

"Ein abstoßender Propaganda-Streifen"

Der Film Zero Dark Thirty bekommt vor allem gute Kritiken. Tom Reifer, ein amerikanischer Menschenrechtsaktivist, versteht das gar nicht. Mein Interview mit ihm ist gerade bei Telepolis erschienen. Für Reifer ist der Spielfilm ein Beispiel für "die liberale Kultur der Folter".
Der klassische Liberalismus war gekennzeichnet durch seine Ablehnung des Staats. Er stand allen diktatorischen oder tyrannischen Tendenzen feindlich gegenüber, weil damit der Staat die individuellen Freiheiten und Rechte einschränkt. Nach den Anschlägen am 11. September 2003 verwandelte sich diese Haltung in ihr Gegenteil. Während der klassische Liberalismus entschieden und ausnahmslos gegen die Folter eingestellt war, heißt es nun, dass Folter die einzige Möglichkeit sei, um die Freiheit zu beschützen. Die sadistische Praxis soll nicht länger das Gegenteil der Freiheit, sondern ihre Voraussetzung sein.

Pottwale: echt nett

Eine Pottwal-Gruppe in den Azoren hat, so berichten Verhaltensökologen vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), einen behinderten Delfin unter sich aufgenommen.
Der Delfin suchte den Kontakt zu den Meeresriesen und positionierte sich sogar direkt vor dem gigantischen Maul eines ausgewachsenen Pottwalweibchens – ein Verhalten, dass sonst Kälber und Jungtiere zeigen. Auch die Pottwale suchten Körperkontakt zu dem ungewöhnlichen Gruppenmitglied mit der verkrümmten Wirbelsäule. „Diese Tiere tolerieren den Delfin. Das ist erstaunlich, denn Pottwale wurden bisher noch nie in freundlicher Interaktion mit anderen Arten beobachtet“, so Wilson.
Die Biologen vermuten, der Delfin sei wegen seiner Verletzung von seinen Artgenossen diskriminiert worden.

"Nur nicht Pöbel sein"

In der Februar-Ausgabe der Konkret ist eine Sammelrezension von mir erschienen, in der ich mich mit dem Genre des Mittelschichtslamentos beschäftige. Geprägt wurde diese literarische Gattung von Autoren wie Norbert Bolz oder Peter Sloterdijk, der Durchbruch kam dann mit Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“. Solche Bücher kreisen um das Bedürfnis nach Mittelschicht - was immer das sein mag.
Deutschland braucht seine Mittelschicht wie der Arbeiter das Bier zum Feierabend. Und die Hand auf der Schulter des Sohnes beim Betrachten des Kontoauszugs, dies alles habe ich geschaffen mit meiner Hände Arbeit, meiner Verstandesleistung und eisernen Disziplin. Ach, das Land blühte, gäbe es nur jene goldene deutsche Mitte zwischen den korrupten Reichen und den verdorbenen Armen, das Salz der Erde zwischen Boden- und Hiddensee, Garant politischer Stabilität, und dies trotz des nur zu berechtigten Hasses auf alle, denen es besser oder schlechter geht. Zu diesem Habitus liefern „Prolokratie“ und „Die Asozialen“ eine politische Programmatik. Beunruhigend, dass sich für so etwas eine riesige und weiter wachsende Leserschaft findet.

Dienstag, 29. Januar 2013

Deutsche Islamwissenschaftler als Mursis Pressesprecher

Die DLF-Sendung Tag für Tag interviewt die bekannte Islamwissenschaftlerin Gudrun Krämer zum morgigen Staatsbesuch. Gerade wurde in Ägypten der Staatsnotstand erklärt und eine Ausgangssperre verhängt.
... Mohammed Mursi ist der gewählte Präsident Ägyptens, der in vielleicht nicht vollkommen fairen, aber doch in freien Wahlen in sein Amt kam und den wir daher als Präsident Ägyptens auch behandeln müssen. Wenn wir hier ganz kritisch und zurückhaltend wären, dann würden sehr, sehr viele Staatsoberhäupter ausscheiden. ... Ich würde jetzt nicht Äußerungen aus der Vergangenheit hervorziehen ... Nun lautet der entscheidende Artikel der ägyptischen Verfassung, dass der Islam Staatsreligion ist und die Grundsätze der Scharia die Hauptprinzipien der Gesetzgebung und Rechtsprechung abgeben. Dann muss es eine Instanz geben, die kompetent darüber urteilen kann, was die Grundsätze der Scharia sind ... Von daher ist es nicht abwegig, diejenigen Männer, die hier fachkompetent sind, heranzuziehen. ...
Deutsche Islamwissenschaftler. Da wird differenziert, was das Zeug hält, bis die Zähne quietschen, da werden Tatsachen kleingemahlen, bis sie zuletzt gar nicht mehr zu sehen sind und niemand mehr daran denkt, dass für diesen "gewählten Präsidenten" (Krämer) insgesamt nur ein Viertel der Wahlberechtigten gestimmt hat, dass Mursi ein Antisemit ist, dass ägyptische Fußbalfans hingerichtet werden, weil die miltärisch-religiöse Elite Angst, aber keine Skrupel hat. Und während in Ägypten ein Aufstand gegen die Machtübernahme der / Machtübertragung an die Islamisten stattfindet, sieht Krämer
Grund zur Hoffnung, dass hier nicht eine politische Kraft, sprich die Muslimbrüder, sich insgesamt der Macht bemächtigen.

Sonntag, 20. Januar 2013