Freitag, 20. September 2013

Ungleichheit macht krank


Heute wurde, wie allgemein erwartet, im Bundesrat der Entwurf für ein Präventionsgesetz beerdigt. Gestern erschien unter dem Titel "Arm, dick, krank – und selber schuld?" in der Wochenzeitung ein Text von mir über Sinn und Unsinn der medizinischen Prävention.
Vorbeugen ist besser als Heilen – individuelle Verhaltensänderungen sollen Volkskrankheiten wie Diabetes zurückdrängen. Dieser Ansatz ist nicht nur medizinisch zweifelhaft, sondern verstärkt auch soziale Ungleichheit.

Dienstag, 17. September 2013

"Wild, jung, produktiv"

In der aktuellen Ausgabe der Konkret ist eine Sammelrezension von mir über neue Berlin-Bücher erschienen.
Berlin steht für die unmögliche Versöhnung von Hedonismus und Leistungswillen, Dissidenz und Establishment. Dieses Berlin ist eine Utopie im Sinne von Traumtänzerei, ein Ort, an dem wilde Leute kreative effiziente Sachen machen und der Neoliberalismus deutscher Prägung niemals mit seinen Widersprüchen konfrontiert werden wird. So paßt am Ende wieder fast alles fast nahtlos zusammen. Alle Sonderwege sind durchschritten, Berlin hat seinen Platz in Deutschland hat seinen Platz in der Welt gefunden.

Samstag, 14. September 2013

Mittwoch, 11. September 2013

Warum arbeiten Hacker für die Überwachungsindustrie?

Die IT-Industrie, die Diktatoren mit den Mitteln versorgt, um ihre Bevölkerung auszuspäen und zu kontrollieren, ist auf die Mitarbeit von jungen technisch begabten und computerbegeisterten Leuten angewiesen. Gewisse Hacker wechseln die Seite, dringen erst zum Spaß in möglichst abgesicherte Systeme ein und merken schließlich, dass sich damit Geld verdienen lässt, ziehen den schwarzen Hut ab und werden zum seriösen Sicherheitsberater und dann wieder zurück ... Aber Überwachungssoftware machen, die dann an die turkmenische oder türkische oder gar deutsche Regierung verkauft wird? Wie kommt einer dazu?

Dem Chaos Computer Club ist es gelungen, einen ehemaligen Mitarbeiter von Gamma International aufzutreiben und veröffentlicht ein Interview. Der Mann stammt wie der Geschäftsführer des deutschen Zweigs von Gamma, Martin Münch, aus der Hacker-Szene.
Eines Tages ging eine britische Firma namens „Gamma International“ auf die Gruppe zu: Etwa 2006 fragte das seinerzeit in der Szene wenig bekannte Unternehmen an, ob ein Mitglied dieser Entwicklergruppe zur Verfügung stünde, für die britische Gamma ein technisches „Pene-tration Test Training“ durchzuführen. Hierbei handelt es sich um eine persönliche Schulung von Mitarbeitern größerer und mittlerer Unter-nehmen für aktive Sicherheitsforschung. Solcherlei Anfragen wurden nicht kommerziell bearbeitet, es gab schließlich keine Firma, einzig einen losen Verbund von Hackern. Wenn es um bezahlte Projekte im Rahmen der privaten Projekte ging, haben die Mitentwickler der Linux-Distribution unter sich ausgemacht: Wer gerade Lust und Zeit hatte, konnte sich damit einen Nebenverdienst sichern.
Der Mann, wahrscheinlich muss man ihn einen Aussteiger nennen, macht seine Motive in dem Interview recht anschaulich. Zu diesen gehört: eine Art sportlicher Ehrgeiz.
Das war für einen Hacker mit ausgeprägtem Spieltrieb natürlich ein schönes Projekt. Man hatte Spaß an der Arbeit, und eine alte Idee wurde mit zahlreichen neuen Einflüssen neu erfunden. Über einen langen Zeitraum verteilt kamen dann immer wieder neue Anforderungen an den ursprünglichen Prototypen, welche aus diesem letztlich ein fertiges Werkzeug machten. Am Ende bastelte das Team sogar ein wenig über den Auftrag hinaus an dem Werkzeug, da es eine nette Abwechslung aus dem manchmal recht tristen Arbeitsalltag darstellte und Münch zudem zugesichert hatte, man dürfe mit den eigenen Werkzeugen und Verfahren machen, was man möchte, es also nicht exklusiv sei.

Mittwoch, 4. September 2013

"Die Heimat im Spiegel der Berichterstattung"

Neue Einblicke in die Überwachungsbranche

In jüngster Zeit ist es stiller geworden um den Weltmarkt Überwachungstechnik - angesichts der Informationen über die nahezu flächendeckende Überwachung durch die Nachrichtendienste nicht verwunderlich.

Aber nun legt Wikileaks nach und veröffentlicht eine Menge Broschüren aus der Industrie.
Internet spying technologies now being sold on the intelligence market include detecting encrypted and obfuscated internet usage such as Skype, BitTorrent, VPN, SSH and SSL. The documents reveal how contractors work with intelligence and policing agencies to obtain decryption keys.
Leider sind fast alle Dateien von 2011. Aber die Sammlung ist trotzdem eine Fundgrube für Menschen, die immer schon mal wisen wollten, was in einer Verschwiegenheitsvereinbarung eigentlich drin steht oder wie überraschend günstig die Abhörtechnik von Gamma International ist oder ob Turkmenistan auch einen Staatstrojaner gekauft hat. Bezeichnenderweise sind mit Cassidian / EADS, Thales und Rheinmetall auch drei Rüstungskonzerne vertreten. Diese Industrie versucht, offenbar mit wachsendem Erfolg, mit Überwachungstechnik "den zivilen Markt" zu erobern.

Dienstag, 3. September 2013

Kaltakquise, kühle Reaktion

Mittlerweile bin ich ja schon recht lange im journalistischen Geschäft: Das Fell wird dicker, die Ansprüche dünner. Aber manchmal passiert dann doch wieder etwas, was mir die Sprache verschlägt.
Lieber Herr Becker ...
schreibt die Redakteurin - na, das fängt doch schon mal gut an!
... ich finde Ihren Vorschlag interessant, bitte machen Sie uns einen Beitrag ...
Alles klar!
Da Sie noch nie für uns gearbeitet haben, bitte ich Sie um Verständnis, dass wir Ihren Beitrag erst als endgültig eingekauft betrachten, wenn er als Audio fix und fertig von uns abgenommen ist.
Stocken, staunen, noch mal lesen! Steht wirklich da.

Ich finde das gut! Die Bezahlung sollte viel öfter vom Erfolg abhängen! In diesem, meinem Fall hieße das dann wohl, eine Bezahlung gibt es, wenn das "fix und fertig" produzierte Radiostück Gefallen findet. Oder auch nicht. So wird die Arbeitszeit niemals langweilig, es bleibt spannend: Wird es nach einer Woche Recherche, Interviews, Produktion Geld geben? Oder doch nicht?

Nur einen Vorschlag hätt ich noch - warum dieses innovative Prinzip auf die freien Journalisten beschränken? Warum nicht den Lohn der Redakteure an die Zuhörer-Quote koppeln? Da ist noch Potenzial, um die Arbeitsbedingungen im Medienbereich tiefer in den Abgrund zu treiben.