Samstag, 13. Mai 2023

ultima ratio

Das Management der Deutschen Bahn versucht, mit dem Hinweis auf formelle Verstöße gegen das Arbeitsrecht, einen Streik zu verhindern. Web.de macht folgendes daraus:

Zum letzen Mittel greifen wir normalerweise, wenn alle anderen, vorgelagerten gescheitert sind. Ist es wirklich soweit? Hat "die Bahn" alles versucht, um das Unheil zu verhüten - Hungerstreik, Brandbrief oder ein verhandlungsfähiges Angebot an die Gewerkschaft?

Montag, 8. Mai 2023

Petersberger Monologe

Vergangene Woche fand wieder einmal der sogenannte Petersberger Dialog statt. Die Bundesregierung veranstaltet dieses internationale Treffen von Umweltministern und anderen Regierungsvertretern, um sich auf die UN-Klimakonferenzen vorzubereiten. Dann präsentiert sich das Gastgeberland der Weltöffentlichkeit als verantwortungsbewusst und vorbildlich. Aber die Initiativen Deutschlands stoßen im Ausland, selbst im europäischen Ausland auf wenig Interesse. Die Klimadiplomatie steht nach der COP27 vor einem Scherbenhaufen, und die Reden der Außenministerin und des Kanzlers offenbaren nur ihre Perspektivlosigkeit.

Für Telepolis habe ich eine Kritik geschrieben. Darin geht es auch um die Lieblingsidee von Olaf Scholz (klimapolitisch ungefähr seine einzige), einen "Klimaclub" zu gründen. Dieses Abkommen soll die CO2-Bepreisung einheitlicher gestalten, damit die Exportnation Deutschland keine Nachteile durch die Enegergiewende erleidet.

Praktisch ist der Ansatz bisher nicht vorangekommen, im Gegenteil. Der Konflikt zwischen den USA und der Europäischen Union um Subventionen für Elektromobilität und Halbleiter zeigt, dass nicht einmal die transatlantischen Mächte sich einig werden. Der Konflikt zwischen den Großmächten, auf die es hauptsächlich ankäme – USA und China –, ist noch schärfer. Der Klimabeauftragte der US-Regierung John Kerry beklagte Ende letzten Jahres, dass die Gespräche mit China wegen der Taiwan-Frage zum Erliegen gekommen seien: "Das Klima ist ein universelles Problem, eine universelle Bedrohung […] Das hat nichts mit dem globalen Wettbewerb zu tun." Das Gegenteil trifft zu: die geopolitischen und ökonomischen Gegensätze lassen sich gerade nicht ausklammern.
Natürlich bewegen sich die Initiativen der Regierungen im Rahmen dessen, was dem Wirtschaftsstandort zumindest nicht schadet. Aber angesichts unserer immer verzweifelteren Lage ist diese Rationalität reiner Irrsinn.
Den Regierungen muss vernünftiges Handeln aufgenötigt werden. Sie befinden sich, spieltheoretisch gesprochen, in einem Gefangenendilemma. Sie wählen das schlechtere Ergebnis, weil sie nicht in der Lage sind, ausreichend Vertrauen aufzubringen, opportunistisches Verhalten auszuschließen und zu kooperieren. Von allein werden die Regierungen keinen Ausweg aus den Aporien der spieltheoretischen Rationalität finden. Zu wirklichen "Klimadialogen" sind sie nicht in der Lage. Für die Bevölkerungen – pathetisch gesprochen: Die Menschheit – gilt dies allerdings nicht. Sie wären prinzipiell zu vernünftigem Handeln in der Lage.
Auf die Idee zu dem Kommentar brachte mich übrigens die jüngste Initiative des Bundeswirtschaftsminister, einen "Dekarbonisierungsstrompreis" einzuführen, der das Gegenteil bewirken, nämlich fossile Energie verbilligen wird - Orwell'sche Zustände, wenn "Krieg" Frieden bedeutet und "Freiheit" Sklaverei.