Deutschland braucht seine Mittelschicht wie der Arbeiter das Bier zum Feierabend. Und die Hand auf der Schulter des Sohnes beim Betrachten des Kontoauszugs, dies alles habe ich geschaffen mit meiner Hände Arbeit, meiner Verstandesleistung und eisernen Disziplin. Ach, das Land blühte, gäbe es nur jene goldene deutsche Mitte zwischen den korrupten Reichen und den verdorbenen Armen, das Salz der Erde zwischen Boden- und Hiddensee, Garant politischer Stabilität, und dies trotz des nur zu berechtigten Hasses auf alle, denen es besser oder schlechter geht. Zu diesem Habitus liefern „Prolokratie“ und „Die Asozialen“ eine politische Programmatik. Beunruhigend, dass sich für so etwas eine riesige und weiter wachsende Leserschaft findet.
Mittwoch, 30. Januar 2013
"Nur nicht Pöbel sein"
In der Februar-Ausgabe der Konkret ist eine Sammelrezension von mir erschienen, in der ich mich mit dem Genre des Mittelschichtslamentos beschäftige. Geprägt wurde diese literarische Gattung von Autoren wie Norbert Bolz oder Peter Sloterdijk, der Durchbruch kam dann mit Thilo Sarrazins „Deutschland schafft sich ab“. Solche Bücher kreisen um das Bedürfnis nach Mittelschicht - was immer das sein mag.