Dienstag, 2. September 2008

Psychologie, richtig kritisch


Der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) beschäftigt sich dieses Jahr mit "psychischer Gesundheit am Arbeitsplatz". Als hätten sie nur darauf gewartet, beschließen zwei große deutsche Banken zu fusionieren. Weil aber sowohl Dresdner als auch Commerzbank vergessen haben, dafür psychologischen Rat einzuholen, erteilt ihn der BDP in einer Pressemitteilung ungefragt. Der Verband sieht nämlich eine
Fusion mit Risiken
weil ein
schwieriger Integrationsprozess
bevorstünde.

9000 Menschen werden ihre Arbeit verlieren. Alle - pardon: alle außer deutsche Psychologen - wissen, dass das der Sinn einer Fusion ist: Rationalisierung sprich weniger Lohnkosten. Aber, warnen die Experten, darunter "kann" die seelische Gesundheit leiden.
Der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) sieht für das Management Probleme in mehreren Bereichen.

Wie bitte? Für wen?
Dass die Mehrheit der betroffenen Mitarbeiter Informationen zur Fusion nicht von ihren Vorgesetzten, sondern aus den Tageszeitungen erfuhr, bringt die Führungsebene in Zugzwang, was das Informationsmanagement betrifft.
Dass allein die Nachricht von 9000 bevorstehenden Entlassungen zu einer starken Verunsicherung in den Belegschaften beitragen und in einigen Fällen auch eine Gefährdung der psychischen Gesundheit bedeuten kann, ist spätestens seit Veröffentlichung des BDP-Berichts 2008 zur psychischen Gesundheit am Arbeitsplatz bekannt. Darin waren die psychischen Folgen sowohl der Arbeitslosigkeit als auch des drohenden Arbeitsplatzverlustes nachgewiesen worden. Solche Effekte stehen im deutlichen Gegensatz zu den angestrebten Zielen einer Fusion - wie z. B. einem verbesserten Kundenservice.

Für das Management birgt die Freisetzung mehrerer tausend Mitarbeiter Probleme; um die müssen sich die Psychologen natürlich kümmern. So also steht es um das Niveau einer Arbeitspsychologie, die nichts denken oder äußern kann als "Vorsicht! Es könte die Unternehmensziele gefährden!"
Viel wird davon abhängen, ob der Analyse der Unternehmenskultur bereits im Vorfeld genügend Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Erfahrungen zeigten, dass der Kulturaspekt und die Motivation aller Beteiligten (im übernehmenden wie im übernommenen Unternehmen) von entscheidender Bedeutung dafür seien, ob die angestrebten Synergieeffekte erreicht werden oder nicht.

Bekanntlich existiert so etwas wie "Realsatire" nicht, höchstens ein "Sich in aller Öffentlichkeit zum Deppen machen". Der BDP tut das mit aller Kraft.