Montag, 29. Dezember 2008

Proletarisierung des Ärztestandes?

In der Süddeutschen vom Wochenende glaubt Paul Unschuld, dass "Ende der klassischen Medizin" auszumachen. Vieles in seinem Essay (so muss man diesen Text wohl nennen) scheint mir falsch oder wenigstens übertrieben. ("Der Kranke ist, erstmals in der Geschichte, keine gesellschaftliche Belastung mehr; der Kranke ist Verbraucher in einer zunehmened ökonomisierten Gesundheitsindustrie." - Das klingt ja so, als ginge es beispielsweise beim Streit um den Gesundheitsfonds nicht darum, wer für die Kosten von Krankheit aufkommt.)
Interessant ist seine Beschreibung, wie sich die soziale Lage der Mediziner verändert:
Mit der Bildung der europäischen Nationalstaaten entstand eine neue Form der territorialen Konkurrenz. Manufakturen und Industrialisierung trugen zu der Stärke eines Staates nun ebenso bei wie die Nationalheere. Die Gesundheit als Grundlage für Arbeitsfähigkeit und Wehrfähigkeit rückte in das Blickfeld der Herrschenden: die Idee einer Gesundheitspolitik geht auf diese Zeit zurück. Die Ärzteschaft forderte und erhielt das Mandat, in staatlichen Gesundheitssystemen für die Gesundheit aller Bevölkerungsschichten zuständig zu sein. (...)
Noch vor wenigen Jahrzehnten undenkbar, gehen junge Ärzte wie Metallarbeiter auf die Straße, um ihrer Empörung über niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen Ausdruck zu geben. Sie werden von Klinikbetreibern verwaltet, die kein Verständnis mehr für die Bedürfnisse des Standesberufs haben. Sie werden gezwungen, die vertrauliche Arzt-Patienten-Beziehung aufzubrechen, und etwa schlechte Angewohnheiten jener Patienten zu melden, die womöglich ihre Kranksein selbst verursachen. Die Fallpauschalen schließlich drücken der ärztlichen Tätigkeit den Stempel der Rationalität einer Autowerkstatt auf.

Samstag, 27. Dezember 2008



Donnerstag, 25. Dezember 2008


Montag, 22. Dezember 2008

Seminaristenprosa

Mal wieder in die Phase 2 gucken?
In einer abschließenden Betrachtung des Materials bemüht sich Paxton, das Referierte trotz seiner Heterogenität auf eine Formel zu bringen, welche die Differenziertheit der Gesamtstudie zu wahren vermag.
Ach, lieber doch nicht ...

Sonntag, 21. Dezember 2008





Samstag, 20. Dezember 2008

Strategiewechsel der Musikindustrie?


Laut Wall Street Journal sagt die Recording Industry Association of America (RIAA), sie wolle künftig auf klagen gegen Internetnutzer verzichten, die urheberrechtlich geschütze Filme und Musiktitel herunterladen. Gibt die Musikindustrie auf? Keineswegs, sie will stattdessen mit den Providern zusammenarbeiten, um das Tauschen zu ver- bzw. behindern

Die Handelsgruppe sagt, sie habe mit den großen ISPs Vereinbarungen getroffen, denen zufolge sie eine Email an den jeweiligen Provider schicken werden, wenn ein Kunde Musik zur Verfügung stellt. Der Anbieter wird dann ve entweder die NAchricht an den Kunden weiterleiten oder ihn benachrichtigen, dass er offenbar Musil illegal ins Netz stellt, und ihn auffordern, damit aufzuhören. Dann könne möglicherweise die Internetverbindung des Kunden verlangsamt und schließlich ganz unterbrochen werden.
Seit 2003 wurden in den USA angeblich 35 000 Nutzer angezeigt, ohne dass diese Klagewelle P2P nenneswert geschmälert hätte. Die RIAA gibt nicht bekannt, um welche Internetanbieter es sich dabei handelt. Wirklich neu ist das alles nicht.

Freitag, 19. Dezember 2008

Krisenfolgen in England

Wie war das mit middle class?

Nach Angaben des britischen Statistischen Amtes berichten 31 Prozent der Bezirksverwaltungen in London, überdurchschnittlich viele Eltern würden ihre Kinder in staatlichen Schulen anmelden, weil sie sich die Kosten für Privatschulen nicht mehr leisten können. Landesweit erleben 10 Prozent der Bezirke diese Entwicklung. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass sich die kommende Krise von der Rezession ab 1991 unterscheidet. Auch damals ging die Nachfrage nach Privatschulerziehung zurück, aber viel langsamer.

Ein Drittel der Bezirke berichtet über mehr Obdachlosigkeit. 14 Prozent der Bezirke haben bereits Angestellte entlassen. 40 Prozent planen, Personal durch "freiwilliges Ausscheiden" (zum Beispiel frühzeitige Verrentung ) abzubauen.

Auch die englischen Sozialarbeiter machen sich Sorgen:

Es besteht die Sorge, dass durch den Abschwung mehr Familien auseinanderbrechen werden, dadurch müssen mehr Kinder in Heimen untergebracht werden, es werden mehr Plätze in den Altersheimen gebraucht, und es wird mehr Alkohol und Drogenmissbrauch geben.

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Standortfaktor Street-Art



Das "Quartiersmanagement Wrangelkiez" / Berlin fördert die Restauration dieses Wandbildes an der Schlesischen Straße mit immerhin 792 Euro. Der Jahresetat des Quartiersmanagements liegt bei jährlich 15 000 Euro, gezahlt von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Zitat:

Die beiden maskierten Figuren an der Brandwand sind schon zu einer Art Wahrzeichen des Wrangelkiezes geworden. Doch nach über einem Jahr haben sich die beiden auf Papier gedruckten Augenpaare fast völlig von der Wand gelöst.

Politische Theorie zum Anhören

Hier einige Empfehlungen, mit denen sich die Festtage polititheoretisch anreichern lassen :

Eine wunderbare Sammlung mit selbstgemachten Audios mit klassischen, aber auch seltenen marxistischen Texten, von so verschiedenen Autoren wie Volosinov, Walter Benjamin, Ilja Ehrenburg und John Carey.


Die Vorträge einer Konferenz über "Kontrollgesellschaft", die vor einigen Tagen in Hamburg stattfand. Die Audios dokumentieren teils unerträglich seichter Kram, teils wirklich Interessantes (> Selbstkontrolle der Arbeit > Harald Strauß, "Humankapital")


Agnolis Geschichte des kritischen Denkens, vollständig eingelesen von der Wiener Radiogruppe Context XXI

Montag, 15. Dezember 2008

"Vor dem nächsten Rationalisierungsschub?"

Und noch ein neuer Artikel, erschienen bei TELEPOLIS. Ich versuche einzuschätzen, ob "mobile Internetanwendungen" wirklich als Rationalsierungs- und Automatisierungstechnologie wirken werden.

Gemässigte Islamisten verzweifelt gesucht

Über die sogenannte Muslim Contact Unit habe ich schon vor drei Monaten berichtet. Die MCU ist eine Abteilung der politischen Polizei in London, die Verbindung ins islamistische Milieu hält, um Terroranschläge zu verhindern.
Polizei und Geheimdiensten finden nur schwer Zugang zu manchen abgeschotteten muslimischen Gemeinschaften. Deshalb wurde in London eine Sondereinheit namens Muslim Contact Unit (MCU) gebildet, die Kontakte mit dem islamistischen Milieu pflegt. Robert Lambert, bis letztes Jahr der Leiter dieser Einheit, bringt die Strategie auf eine klare Formel: „Die Islamisten gegen Al Kaida stärken!“

Mir war und ist diese Art der "Terrorbekämpfung" ziemlich suspekt. Wie sie im Detail aussieht, steht heute in der Times. Ein Berater der MCU wird von Interpol gesucht. Tunesien und Frankreich werfen Mohamed Ali Harrath vor, terroristische Aktivitäten unterstützt zu haben. (Im Artikel heißt es "adviser - was die Frage aufwirft, ob Harath von Scotland Yard entlohnt wurde.) Unbestritten ist, dass er die Partei Tunesische Islamische Front mitbegregründet hat. Was von den Vorwürfen der tunesischen Regierung zu halten st, kann ich nicht beurteilen, aber es ist doch bemerkenswert, wen die britische Regierung für ihre Terror- und Extremismusbekämpfung mit ins Boot holt. Harath glaubt beispielsweise:
There is nothing wrong or criminal in trying to establish an Islamic state.

Dienstag, 9. Dezember 2008

Freiheit, die ich meine

Gestern erschien meine Buchkritik über Bini Adamczaks "Stalinismuskritik auf Höhe der Zeit" (gut platziert in der JUNGEN WELT), heute treffen die wütenden Leserbriefe von Betroffenen ein. Darunter einer, in dem es heißt:
Herr M. Becker ist der j.W. offensichtlich kein Unbekannter. Auf seiner Homepage stellt er sich als „freier“ Journalist dar! (Was immer auch frei und Freiheit bedeuten!)

Eine gute Frage! Eine behelfsmäßige Definition wäre vielleicht "Nicht Überzeugung gegen Honorar tauschen müssen".

Freitag, 5. Dezember 2008

Für eine Welt ohne WEB.DE !

Bin ich der einzige, den die "Nachrichten" auf der Startseite von WEB.DE zum Wahnsinn treiben? Normalerweise versuche ich ja, während des Einloggens woanders hinzusehen, aber das ist ein Tiefpunkt, sogar verglichen mit dem üblichen Niveau:
Gerade erst nannte Heesters in einem Interview Hitler "einen guten Kerl", doch heute soll gefeiert werden. Denn er hat 105. Geburtstag. Happy Birthday!