Samstag, 31. Dezember 2011

Umverteilung, Donnerstagnacht in Friedrichshain

Die Berliner Zeitung meldet:
Wie die Polizei am Freitag mitteilte, bedrohte der Mann zunächst gegen 22.50 Uhr in der Frankfurter Allee einen 26-Jährigen, der gerade in einer Bank Geld abheben wollte, mit einer Schusswaffe und verlangte die PIN-Nummer. Als dieser einwandte, dass er Student sei und kein Geld habe, ließ der Täter von ihm ab und verschwand. Kurze Zeit später betrat der Mann den Automatenraum einer anderen Bank in der Karl-Marx-Allee und bedrohte dort einen 21-Jährigen. Dieser ließ ihn schließlich eine größere Summe Bargeld abheben, wies aber daraufhin, dass er noch ausgehen wolle und jetzt kein Geld mehr habe. Der Täter übergab dem 21-Jährigen einen Teil seiner Beute und flüchtete.

Donnerstag, 29. Dezember 2011



Martin Haase hat auf dem gerade stattfindenden Chaos Computer Congress einen sehr schönen Vortrag über Polit-Sprech gehalten - Anschauen macht Spaß und schlauer.

Montag, 26. Dezember 2011

Streetart der doofen Art




Streetart der doofen Art - inhaltsleer, langweilig, eine Belästigung im öffentlichen Raum, fast so schlimm wie Werbung. Oder genauso schlimm. Kann man das eigentich nicht, äh ... verbieten?

Sonntag, 25. Dezember 2011

Fun fact # 10: Hochschulbildung

Zum ersten Mal in ihrer Geschichte bekommt die University of California mehr Geld von Privaten als von staatlichen Stellen. Die Gebühren für einen Bachelor-Studiengang sind seit 2008 um 78 Prozent gestiegen. Mittlerweile führt das zu sinkenden Studierendenzahlen, obwohl ein Universitätsabschluss eigentlich eine wenig "preissensitive" Ware ist (will sagen: die Leute bezahlen, solange sie es irgendwie finanzieren können).

Donnerstag, 22. Dezember 2011

Altbewährt

Den bisher lustigsten Artikel zum ernsten Thema Sicherungsverwahrung habe ich gerade in der Passauer Neuen Presse gefunden.
Sicherungsverwahrung - ein umstrittenes Konzept

Die Idee der Sicherungsverwahrung ist keine Erfindung aus jüngster Zeit. Bereits 1794 sprach sich Ernst Ferdinand Klein, Initiator des preußischen Landrechts, dafür aus, dass "Diebe und andere Verbrecher, welche ihrer verdorbenen Neigungen wegen des gemeinen Wesens gefährlich werden könnten, auch nach ausgestandener Strafe, des Verhafts nicht eher entlassen werden, als bis sie ausgewiesen haben, wie sie sich auf eine ehrliche Art zu ernähren im Stande sind"
Unsere heutige Sicherungsverwahrung beruht auf dem "Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher" vom 24. November 1933, wonach Mehrfachtäter in Verwahrung genommen werden konnten. Nach einer grundlegenden Überarbeitung galt es bis vor kurzem.

Stimmt halt alles nicht so richtig. Klingt aber irgendwie. Den Bogen vom Einsperren hausierender Bettler bis zu den Verwahrten heute (die ja in der Regel nach dem "Modell Hannibal Lecter" gezeichnet werden) zu spannen, das ist schon gewagt! Und dann, 1933, war da nicht irgendwas? Aber dann wird's richtig kryptisch: Keine Ahnung, welche grundlegende Überarbeitung gemeint ist und warum das Gesetz plötzlich nicht mehr gelten soll! Neun Worte, so viele Fragen ...

Montag, 19. Dezember 2011

"Es wird Zeit, sich zu entscheiden"

Mein Interview mit Nancy Fraser ist bei Telepolis erschienen.
Frage: Karl Polanyi schrieb sein Buch The Great Transformation während des 2. Weltkriegs, das Werk steht ganz unter dem Eindruck der großen Katastrophen des 20. Jahrhunderts, also von Krieg und Massenvernichtung. Halten Sie einen ähnlichen Zusammenbruch des Weltmarkts und eine darauf folgende entgrenzte Gewalt wieder für möglich?
Nancy Fraser: Zumindest dürfen wir diese Möglichkeit nicht ausschließen. Die Finanzmärkte kamen 2008 an den Rand des Zusammenbruchs, und diese Gefahr besteht ja weiterhin. Dazu kommt die globale ökologische Dimension der Krise mit ihren möglicherweise katastrophalen Folgen. Überall in der Welt stehen die Menschen vor der Frage, wie es eigentlich weiter gehen soll. Wir befinden uns wirklich in einer Krise im ursprünglichen Sinn des Wortes – an einem Wendepunkt. Es ist Zeit, sich zu entscheiden.

Es geht vor allem um Karl Polanyis große Kritik des Liberalismus und es schadet nicht, sich Frasers Argumentation vorher zu Gemüte zu führen. Zum Beispiel hier.

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt

Die liberalkonservative Regierung von Großbritannien hat den Grund für die Ausschreitungen vom Sommer herausgefunden: "Problemfamilien". Was eine solche ausmacht, ist ziemlich schwammig, aber ihre mangelnde Erziehung war angeblich für die riots verantwortlich. Nun soll eine Sozialarbeit-Offensive ihnen "helfen", berichtet unter anderen der Guardian.
David Cameron announced that he expected each large local authority to appoint troubleshooters to address the problems facing chaotic families. The scheme is formally voluntary, but if a family refuses to co-operate, councils already have the powers to evict tenants, take children into care or issue antisocial behaviour orders.

Alles nicht neu, nicht einmal die Protagonisten - die Beraterin Louise Casey hat eine ähnliche Rolle bereits unter Blair gespielt. Auch die Ideen und institutionelle Struktur - eine "Troubled Families Unit" im Department for Communities and Local Government - gab es ebenfalls schon damals.

Ein interessanter Nebenaspekt: Casey, die zwar niemals von irgendwem gewählt wurde, aber bei britischen Regierungen beliebt ist, weil sie bei jeder Gelegenheit verkündet, dass gute Sozialarbeit nicht teuer sein muss, Casey also entscheidet künftig darüber, ob die Gemeinden ihre Gelder auch in Sinne der Regierung einsetzen.
Local councils will not receive the £440m cash to tackle problem families until they can show Louise Casey, the new "troubled families tsar", that their interventions have secured change, such as less truanting, antisocial behaviour or addiction.
Da läßt sich vielleicht sogar noch etwas einsparen!

David Cameron polemisiert bei der Vorstellung dieser Regierungsiniiative wieder über das "Verantwortungsdefizit" in der Bevölkerung, das genauso schlimm sein soll wie das finanzielle Staatsdefizit.
We need a social recovery in Britain every bit as much as we need an economic one. So while the government's immediate duty is to deal with the budget deficit, my mission in politicsis fixing the responsibility deficit, building a stronger society, in which more people understand their obligations, and [where] more take control over their own lives and actions.

So, statt eines ideologiekritischen Kommentars hören wir uns jetzt lieber gemeinsam Cosmo an:

Dienstag, 6. Dezember 2011

Die Ratingagentur Moody's hat einen Bericht zur Lage in Europa erstellt. Demnach ist die Kreditwürdigkeit aller Euro-Länder – einschließlich Deutschland – bedroht.
Bin gespannt, was die BILD daraus machen wird. Vielleicht:
PLEITE-DEUTSCHE IMMER DREISTER!
Ach Quatsch, wo denk ich hin:

Sonntag, 4. Dezember 2011

"Ein globaler Überwachungssupermarkt"


Mehr Werbematerial der international tätigen Überwachungsindustrie hat Wikileaks veröffentlicht. Auf der hübsch als Weltkarte aufgemachten Seite The Spy Files lassen sich Vorträge und Broschüren der Hersteller anschauen. Der New Scientist charakterisiert die Branche treffend als "globalen Überwachungssupermarkt".

Die Umrisse der Veröffentlichung: Insgesamt 287 Dokumente von 160 Firmen aus 21 Staaten; darunter vor allem Broschüren, Vorträge, ein Video, ein Vertrag und eine Preisliste. Es geht um Spracherkennung, Trojaner, Standortbestimmungen mit GPS und Telekommunikationsüberwachung aller Art. Eine alphabetische Liste der Unternehmen findet sich hier bei den britischen Datenschützern von Privacy International. Ich werde mir das Material in den nächsten Tagen mal zu Gemüte führen.

Auf Spiegel-Online nörgelt übrigens Christian Stöcker, das alles sei ja gar nicht richtig geheim:
Alles in allem scheinen die "Spy Files" für eine neue Ausrichtung des einstigen Enthüllungsportals WikiLeaks zu stehen: Sie sind mehr Stoffsammlung und Datenbank denn tatsächliche Enthüllung bislang geheimer Informationen. Für Fachleute ist das vermutlich nützlich, für das eine oder andere der bloßgestellten Unternehmen unangenehm - und sei es nur, weil vertrauliche technische Unterlagen nun auch den Mitbewerbern in diesem schattigen Markt zugänglich sind. Dass diese Branche jedoch existiert, ist alles andere als geheim. WikiLeaks wird mit dieser Zusammenstellung also von der Enthüllungs- zur Kampagnenplattform.
Ich finde diese Kritik ziemlich selbstgerecht. Wikileaks abzufertigen liegt ja im Trend und ist ziemlich billig. Abgesehen davon, dass auch solche "semi-geheimen" Werbebroschüren nicht einfach zu kriegen sind - warum eigentlich gräbt Spiegel-Online nicht selbst einmal eines dieser Programme aus? Etwa um herauszufinden, ob die sich (wenigstens!) im gesetzlichen Rahmen bewegen - statt darauf zu warten, dass jemand den Journalisten die Enthüllungen auf einem Silbertablett serviert. Warum recherchiert ihr nicht mal, welche Behörden, von Deutschland bis Saudi-Arabien, diesen Kram benutzen? Und zu welchen Zwecken? An die Arbeit, "investigative Journalisten", ich bin gespannt, was ihr ermitteln werdet ...



Diese italieninische Firma für "ethisches Hacken" wirbt für ihren Staatstrojaner - mit dem Hinweis, dass man das Mikrophon des gehackten Computers benutzen kann, um eben mal die Wohnung akustisch zu überwachen (2:05)!

Freitag, 2. Dezember 2011

"Zum ersten Mal in der Geschichte prägen die Massen die Überlieferung"

Ein neues Interview von mir bei Telepolis: Der US-amerikanische Wissenschaftshistoriker und Sachbuchautor James Gleick spricht über Mediengeschichte, das Paradigma Information und die Revolution der Überlieferung:
Soweit die Entwicklung von Informationstechnik überhaupt eine historische Richtung hatte, war es eben diese. Immer mehr Menschen nehmen aktiv an der Speicherung und Verbreitung von Information teil. Heute kann jeder einen Blog betreiben (auch wenn es die wenigstens tun), jeder kann einen Wikipedia-Eintrag bearbeiten. Ich will die demokratischen Tendenzen des Internet wirklich nicht in den Himmel heben, wie es Cyber-Utopisten tun. Diese Entwicklung stellt uns vor neue Probleme, denn es gibt sowohl die "Weisheit der Massen" als auch den "Wahnsinn der Massen". Aber es stimmt, heute pflegen und bearbeiten die Massen den Korpus des Wissens. Sie selbst sind die Herausgeber, die Lektoren und Archivare.

Donnerstag, 1. Dezember 2011