Der besondere Charme des Geschäftsmodells Crowdsourcing beruht auf der Tatsache, dass sowohl die Vermittlungsagenturen, als auch die beauftragenden Unternehmen Risiken und Kosten auslagern. Sie behandeln die Beschäftigten als Selbständige, die sich eigenständig gegen Krankheit, Arbeitslosigkeit und Erwerbsunfähigkeit versichern sollen. Dazu sind zwar nur wenige Freelancer finanziell in der Lage (und noch weniger in ausreichendem Maß), aber bekanntlich müssen sich weder die Auftraggeber noch die Vermittler darum kümmern. Statt Arbeitsverträgen gelten die Allgemeine Geschäftsbedingungen.... Die Unternehmen profitieren nicht nur von den unschlagbar niedrigen Crowdwork-Honoraren. Über das Netz können sie auf Erfahrungen und Ideen der Masse zugreifen, die in der eigenen Belegschaft in geringerem Umfang vorhanden sind. Gerade diese Offenheit ist aber gleichzeitig ein Nachteil, wenigstens eine Gefahr. Unternehmen müssen sich öffnen, um die Masse "anzuzapfen", wer aber wichtige Tätigkeiten ins Netz auslagert und Prozesse offen legt, der riskiert, dass "Geschäftsgeheimnisse" nach außen dringen.
Crowdsourcing ist außerdem nur dann effizient, wenn Solo-Selbständige die Aufträge bearbeiten. Bei anspruchsvolleren Tätigkeiten und Geschäftsprozessen entsteht sonst oft ein zusätzlicher Aufwand - ökonomisch gesprochen: zusätzliche Transaktionskosten -, um die einzelnen Arbeiten erst zu zerstückeln, dann wieder zusammensetzen und schließlich noch auf ihre Funktionsfähigkeit zu überprüfen.
Die "Auftragsnehmer" sind außerdem nicht weisungsgebunden und arbeiten gewissenhaft, weil sie eine schlechte Bewertung fürchten, nicht aus Loyalität zum Unternehmen. Schon um Pfusch zu vermeiden und Kontrollkosten zu senken, sind die Unternehmen weiterhin an stabilen und langfristigen Beziehungen interessiert - Internet hin oder her.
Donnerstag, 19. Mai 2016
Machtlos in der Cloud?
Wer sind die Crowdworker in Deutschland? Bei Telepolis ist vor einen Tagen ein Bericht von mir über eine neue Studie zum Thema erschienen. Dabei geht es mir auch um die Grenzen dieser Rationalisierungsstrategie.