Erst der Kapitalismus hat mit der einheitlichen Wirtschaftsstruktur für die ganze Gesellschaft eine – formell – einheitliche Bewusstseinsstruktur für ihre Gesamtheit hervorgebracht. Und diese äußert sich gerade darin, dass die Bewusstseinsprobleme der Lohnarbeit sich in der herrschenden Klasse verfeinert, vergeistigt, aber eben darum gesteigert wiederholen. Der spezialistische „Virtuose“, der Verkäufer seiner objektivierten und versachlichten geistigen Fähigkeiten, wird aber nicht nur Zuschauer dem gesellschaftlichen Geschehen gegenüber (...), sondern gerät auch in eine kontemplative Attitude zu dem Funktionieren seiner eigenen, objektivierten und versachlichten Fähigkeiten. Am groteskesten zeigt sich diese Struktur im Journalismus, wo gerade die Subjektivität selbst, das Wissen, das Temperament, die Ausdrucksfähigkeit zu einem abstrakten, sowohl von der Persönlichkeit des „Besitzers“ wie von dem materiell-konkreten Wesen der behandelten Gegenstände unabhängigen und eigengesetzlich in Gang gebrachten Mechanismus wird. Die „Gesinnungslosigkeit“ der Journalisten, die Prostitution ihrer Erlebnisse und Überzeugungen ist nur als Gipfelpunkt der kapitalistischen Verdinglichung begreifbar.
(Georg Lukàcs, Geschichte und Klassenbewußtsein)