Vor drei Tagen legten Hunderte Bauarbeiter in der Lindsey-Ölraffinerie (Total) in Lincolnshire die Arbeit nieder. Ihr Widerstand richtete sich dagegen, dass Total einen Bauauftrag an die italienische Firma IREM vergeben hat, und diese Firma ausschließlich Italiener und Portugiesen beschäftigen will. 100 nicht-britische Bauarbeiter sind bereits vor Ort, weitere 300 sollen noch kommmen.
Seitdem dem Streik in Northlincolnshire schwillt im Land eine Streikwelle an, die auch fremdenfeindliche Züge trägt. Bisher gab es Aktionen in anderen Ölraffinerien und Kraftwerken, angeblich auch in Stahlwerken, außerdem Solidaritätskundgebungen von Bauarbeitern (eine Aufzählung der BBC). Auf selbstgemachte Plakaten fordern sie "Britische Jobs für britische Arbeiter!" – wobei sie sich auf eine populistische Auslassung des Premierministers Gordon Browns auf dem Labour-Parteitag 2007 beziehen, er werde auch in einer "globalisierten Welt" alles tun, damit die eingeborenen Arbeitenden Stellen bekommen.
Allein aus diesem Grund setzt die Streikwelle die Regierung unter Rechtfertigungsdruck. Besonders ungeschickt die Dramaturgie: Heute hält Brown eine Rede vor dem Weltwirtschaftsforum, in der er vor einem neuen Protektionismus warnt.
Für die faschistische British National Party ist die Bewegung eine Art Geschenk. Sie versucht, sich in den Vordergrund zu spielen. Ein BNP-Sprecher sagte, heute sei "ein großartiger Tag für den britischen Nationalismus!" (Ein lustiges Zitat aus einer ihrer Internetdiskussionen nebenbei: "Sind die wirklich aus Italien? Ich habe was im Fernsehen gesehen und die sahen aus, als kämen sie aus dem Nahen Osten!")
Wie die Streikenden auf die Nazi-Agitation reagieren, ist schwer zu sagen. Ebenso schwer zu beurteilen, wie wichtig das fremdenfeindliche Element wirklich ist. Das geht übrigens auch britischen Linken so (Debatte auf Libcom). Während einige Arbeiter tatsächlich Union Jack – Fahnen schwenken, betonen andere, sie hätten gar nichts gegen ausländischen Arbeiter. Eine Diskussion in einem Forum streikender Bauarbeiter gibt die widersprüchliche Haltung gut wieder. Da schreibt einer:
We did not take this to a racial level, you did, now get ready to reap what you sow. I have worked in your country and respected your culture and industrial rules, just remember you drew first blood not us. Go home now, you have now outstayed the welcome we gave you by not involving you in our plight.
Und ein anderer Arbeiter antwortet
We want to be careful with the nationalism, lads, so that things don't turn nasty. I've got nothin against the Italian workers as such, they're just doing a job, putting food on the table for their families. They're not W*** (Without Papers- as they are EU citizens and are legally allowed to work here)- besides this is racist. Many of us have worked abroad - Germany, Spain, Middle East - did we think or care about jobs in those countries? Getting at the workers is just going to give us a bad reputation, and turn the public against us.
The problem is with the tenders, Total management and probably the govt. for allowing foreign companies to undercut. The govt. shouldn't allow this to happen. They haven't thought about the social price to the area, only the price of the contract.
These jobs should go to British workers, cos we can do the work and we need it. Just leave the racism and aggro at home- it doesn't do anyone any favours.
(In Staythorpe in Nottinghamshire hat Alstom den Auftrag für Bauarbeiten an einem Kraftwerk bekommen. Alstom wiederum hat spanische Baufirmen beauftragt, die zum Teil spanische Arbeiter in England einsetzen wollen.)
Die Aktionen sind spontan, werden allerdings von der Gewerkschaft UNISON und dem Dachverband GBM "wohlwollend begleitet". Die Gewerkschaften kündigen eine nationale Demonstration in der Hauptstadt an und machen ansonsten Werbung für einen „runden Tisch“ – sprich, sie wollen mit der Regierung verhandeln. Bei ihren öffentlichen Auftritten betonen die Gewerkschaftsvertreter, sie hätten nichts gegen die ausländischen Kollegen. Aber auch sie haben in den jüngsten Arbeitskämpfen national-chauvinistisch argumentiert. Zum Beispiel Unison:
We are seeing thousands of jobs being lost daily but at Staythorpe there is skilled, well-paid work available. It's a disgrace that local workers with years of experience are being locked out of the job. Alstom have the power to insist that the sub-contractors end this scandalous situation. UK workers must be given a fair chance to get a cut of the action to build a new generation of UK power stations. They are not asking for special favours they are demanding fair play.