Der Trend bei der Überwachungstechnik geht zu „Dataveillance“ – der „Überwachung der Datenlage“ durch eine möglichst umfassende Integration verschiedener Informationsquellen und eine möglichst weitgehende Automatisierung.
Borchers lehnt sich allerdings ziemlich weit aus dem Fenster, wenn er behauptet, die Open Source Intelligence (Osint) habe die von arkanen oder einfach nicht-digitalisierten Informationen "überholt". Er schreibt:
Die Auswertung öffentlich bekannter Quellen wie Nachrichtensendungen, Zeitungsartikeln oder von Blogeinträgen und anderen Daten, die im Internet verfügbar sind, angereichert mit Informationen aus Datenbanken, hat der Bedeutung nach die klassischen Spähtechniken überholt. „Sigint“, die „Signal Intelligence“, das direkte Abhören der Sendesignale des Feindes, oder die Informationsarbeit von Spionen, „Humint“ genannt, spielen im Zeitalter der Datennetze nicht mehr die größte Rolle. Dafür wird die Software immer wichtiger, die Daten analysiert und „nachrichtendienstlich anreichert“, wie es im Sprachgebrauch des Bundesnachrichtendienstes heißt. (...) „Osint“-Systeme werten Massendaten aus und verknüpfen gerade im militärischen Bereich ihre Suchstrategien mit Echtzeitdaten, die von den unterschiedlichsten Sensoren kommen können (eine Grenzübergangsstelle zum Beispiel). Dabei geht es nicht nur um einfache „Treffer“, sondern auch um die Analyse von Trends. Eine große Rolle spielt die Mustererkennung, mit der etwa Verbindungen zwischen verschiedenen Mitgliedern des sozialen Netzwerks Facebook mit den in anderen Datenbanken vorhandenen Reiseinformationen abgeglichen werden.
Das ist, vor dem Hintergrund des Kriegs in Afghanistan, eine spaßige Idee: selbst wenn die dortigen Kämpfer Facebook benutzen, werden sie vermutlich schlau genug sein, nichts zu veröffentlichen, was dem Feind nutzen könnte. In 'Datenschatten' entwickle ich ausführlich, dass die automatisierte Auswertung von Massendaten ihre Grenze findet, wenn sie gegen eine bewusst agierende und planende Organisation eingesetzt wird. Sie taugt, wie der Name nahelegt, zur polizeilich-politischen Überwachung der Masse, aber eben kaum zur "Terrorbekämpfung".