Montag, 21. März 2011

Die Untauglichkeit der in der Schule gelernten Grundsätze und Stoffe war ihm schon in den ersten Tagen bewußt geworden. Er hatte damals den Fehler gemacht, seine Verachtung für die Weltfremdheit der Schulweisheiten auf alle geschriebenen Dinge zu übertragen. Es war ihm erst in der letzten Zeit aufgefallen, daß es Bücher gab, die gegen diese Schulweisheiten schrieben. Er wird sich ein Buch kaufen.
Georg K. Glaser (1932 / 2007) Schluckebier. Frankfurt: Stroemfeld. Seite 125.

Sonntag, 20. März 2011



Noch mehr RSA, weil's so schön ist! Diesmal werden Thesen von Evgeny Morozov illustriert, den zu interviewen ich auch schon das Vergnügen hatte.

Samstag, 19. März 2011

Fun fact # 2: Atomenergie

Gegenwärtig sind weltweit 442 Atomkraftwerke in Betrieb, 60 im Bau und 305 in Planung.

Donnerstag, 17. März 2011


An der Hauswand stand "Nazis jagen". Jemand, der sich wohl angesprochen fühlte, hat das Wort Nazis übersprüht und "Sozis" darüber geschrieben. Ein paar Tage später wird das wiederum unlesbar gemacht. Statt Nazis und Sozis sollen jetzt Bonzen gejagt werden – ein Kompromissangebot sozusagen.

Deutschland als Angreifer im "Cyberkrieg"?

"Cyberwar" ist im Moment ein angesagtes Thema. Nach dem ziemlich guten (weil ent-dramatisierenden) Beitrag von Kai Laufen im SWR brachte der Deutschlandfunk letzte Woche die Sendung "Die Waffen des Cyberwar" von Jan Rähm und Peter Welchering. Darin heißt es:
Bis zum Sommer 2011 soll die Cybereinheit der Bundeswehr, die Computer- und Netzwerkkooperation, kurz CNO, in der Tomburg-Kaserne in Rheinbach bei Bonn "aktives Potenzial" für den Cyberkrieg aufgebaut haben.
Was heißt eigentlich "aktives Potenzial"? Dass die Bundeswehr Ressourcen für die digitale Sabotage aufbaut? Ich finde es reichlich merkwürdig, dass es bisher keine öffentliche Debatte darüber gibt, ob diese Art Kriegsführung - die ja in erster Linie die Zivilbevölkerung trifft! - überhaupt legitim ist. Anders gesagt: dürfen die das? Kritische Infrastrukturen in anderen Ländern über das Netz angreifen?

Dienstag, 15. März 2011



Montag, 14. März 2011

Dass es so weiter geht, ist die Katastrophe.


"Marx sagt, die Revolutionen sind die Lokomotive der Weltgeschichte. Aber vielleicht ist dem gänzlich anders. Vielleicht sind die Revolutionen der Griff des in diesem Zug reisenden Menschengeschlechts nach der Notbremse."

Walter Benjamin, Passagenwerk, 1232



(inspiriert von Entdinglichung)

Samstag, 12. März 2011

Freitag, 11. März 2011

Woher kennen die Journalisten ihren Marschbefehl?

Aus der FAZ von heute:
Für außergewöhnlich hält (Dieter Rucht) das Verhalten der Medien, die im Fall von Stuttgart 21 eher positiv über die Proteste berichteten und damit die Proteste weiter anheizten. Bei den Hartz-IV-Demonstrationen vor sieben Jahren war das anders: Damals hätten die Medien berichtet, die Proteste würden abebben, während sie objektiv noch anstiegen. Das wiederum trug zum Erlahmen der Bewegung bei.

Stimmt, ich erinnere mich. Wie erklärt man so etwas? Ich habe eine ganze Weile Medienwissenschaft studiert, aber ich versteh's trotzdem nicht. Es ist wie bei den Zugvögeln, die wissen auch, in welche Richtung sie sich bewegen müssen, und man versteht nicht, wie.

Donnerstag, 10. März 2011

Mittwoch, 9. März 2011

Die Biologisierung des Sozialen – von unten


Wie greifen bei Krankheit Seele und Geist ineinander? Als ich mich vor einer Weile mit Depressionen und dem Placebo-Effekt beschäftigte, stieß ich auf das merkwürdige Phänomen, dass die Kranken selbst ihrem Leiden eine körperliche Gestalt geben möchten (und reichlich beleidigt auf meine Behauptungen reagierten). Es ist nicht nur der wissenschaftlich-medizinische Komplex, der Depression zur „genetisch verursachten“ Krankheit machen will. Viele der Depressiven wollen glauben, dass ihr Leiden das Ergebnis eines „gestörten Hirnstoffwechsels“ ist - das dann eben mit der Gabe entsprechender Substanzen (vor allem Serotoninwiederaufnahmehemmer) korrigiert werden kann.

Gestern habe ich die ausgezeichnete Sendung (PDF) von Horst Gross über „Umweltmedizin in der Krise“ gehört. Gross liefert eine Menge Beispiele für diese Art der Selbst-Pathologisierung, und das beste ist: Er weist zwar entschieden und kenntnisreich auf die seelischen Ursachen vieler Erkrankungen hin, aber er stellt die Betroffenen nicht als Simulanten dar.

Dennoch: Viele Krankheiten, die angeblich durch Umweltgifte verursacht werden – zum Beispiel das „aero-toxische“ oder das „Sick-Building-Syndroms“ und die „multiple Chemikaliensensitivität“ -, haben in Wirklichkeit seelische und soziale Ursachen.
Umweltkrank ohne Umweltursache? Geht das? Es klingt paradox, aber immer häufiger wird die Umweltmedizin mit dem Phänomen konfrontiert, dass Umweltkrankheiten nur als solche empfunden werden. Der Patient glaubt felsenfest an die Umweltursache, etwa einen bestimmten Schadstoff. Die Wissenschaft kann keinen Zusammenhang herstellen.
Horst Gross zitiert den Umweltmediziner Andreas Wiesmüller über Gesundheitsschäden durch Bürogebäude:
Bei den Messwerten die Raumluft, wo die Räume klimatisiert wurden, waren die Messwerte deutlich besser, als da wo ich das Fenster aufmachen konnte, zum Teil. Und was man festgestellt hat ist, dass aber die Leute, die sich in den klimatisierten Gebäuden aufhalten, mehr an dieser am Anfang genannten Befindlichkeitsstörungen litten. Es scheint hier so eine Akzeptanzfrage eine Rolle zu spielen. Und dass eben das Betriebsklima eine Rolle spielt. Also das Miteinander, das Verhältnis zwischen Untergegebenen und Vorgesetzten, Gestaltung, richtige ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes und sicherlich auch einige Dinge, die man selber mitbringt, wie zum Beispiel Allergien.
Gross berichtet auch von einer Studie des Robert–Koch–Instituts von 2005 über umweltmedizinische Ambulanzen, bei der herauskam,
dass nur bei einem Prozent der Hilfesuchenden ein nachweisbares Umweltproblem vorlag. Bei 80 Prozent fanden sich dagegen psychische Probleme, die eventuell im Zusammenhang mit den Beschwerden standen.
Mediziner und Kranke finden sich im Fall der Umweltmedizin in der seltsamen Situation, dass erstere auf die psychosozialen Ursachen hinweisen, von denen letztere nichts hören wollen. Die Kranken beharren auf einer organischen Ursache. So hat sich eine regelrechte Subkultur von Selbsthilfegruppen und Umweltmedizinern mit obskurantistischen Zügen entwickelt.

In den späten 60er Jahren erklärten manche Linke die Krankheit zur Waffe, zum Widerstand gegen die Vernutzung unseres Lebens, dem nur das Bewusstsein seiner selbst fehlt, um zur Revolte zu werden. Das Sozialistische Patientenkollektiv definierte Krankheit dialektisch "als Protest und Hemmung des Protests". Heute ist Erkrankung der individualisierende Rückzug aus der "Leistungsgesellschaft", um schuldlos den Anforderungen nicht zu genügen.

Mittwoch, 2. März 2011

Regierung als Casting-Show

Gründe, WEB.DE zu lieben (und übrigens auch GMX, die benutzen offenbar dieselbe Agentur):

Dienstag, 1. März 2011

Heute ist in der Frankfurter Rundschau ein kurzer Kommentar von mir zu den Prozessen gegen Berliner Buchhandlungen erschienen.
Bisher geht die Rechtsprechung ausdrücklich davon aus, dass Buchhandlungen ihr Sortiment nicht auf strafbare Inhalte kontrollieren müssen – ebenso wenig wie ein Internetanbieter die bei ihm gespeicherten Webseiten.
Solange eine Schrift nicht verboten ist, durfte ein Buchhändler bisher die Frage nach ihrer Strafbarkeit getrost der Justiz überlassen. Aus bürgerrechtlicher Sicht sprechen dafür auch gute Gründe, nicht zuletzt der, dass sich mit den politischen Verhältnissen auch die Definition ändert, was als zu ahndende Aufforderung zu Straftaten gilt – von „Friede den Hütten, Krieg den Palästen!“ bis hin zu „Blockiert den Naziaufmarsch in Leipzig!“

Die Einleitung der Kollegen finde ich etwas mißverständlich. Da heißt es nämlich:
Die linken Buchläden Schwarze Risse, Infoladen M99 und OH21 in Berlin sind angeklagt, Zeitschriften zu verkaufen, die zu Straftaten anleiten. Das Prekäre daran: Großbuchhandlungen können für die von ihnen vertriebenen Titel nicht zur Rechenschaft gezogen werden.
Es würde die Sache nicht besser machen, wenn es auch die Buchhandelsketten treffen würde, finde ich.