Vor knapp vier Jahren kündigte die Kommission der Europäischen Union an, man wolle ein gemeinsames europäisches Grenzüberwachungssystem entwickeln. Dieses European Border Surveillance System (EUROSUR) hat den Zweck, den Mitgliedsstaaten eine „vollständige situative Kenntnis ihrer Außengrenzen“ zu verschaffen.
Die Pointe - oder wenigstens eine Pointe - der Hightech-Aufrüstung der europäischen Grenzen ist, dass mit ihr auch das informatorische Vorfeld der Migranten in den Blick kommt.
Wenig bekannt ist der letzte Baustein des EUROSUR–Lagebilds, das sogenannte Common Pre-frontier Intelligence Picture (CPIP). Dessen Aufgabe ist unter anderem, durch eine teil-automatisierte Trendanalyse "Migrationsbewegungen" zu entdecken oder vorherzusagen, bevor sie an einer Schengen-Grenze ankommen, um entsprechende Ressourcen zur Abwehr bereitzustellen. Zu diesem Zweck verarbeitet das System Informationen über die Ströme außerhalb Europas – eben vor der Grenze. CPIP enthält neben Satellitenaufnahmen und Informationen der Nachrichtendienste auch sogenannte Open Source Intelligence (OSINT). Das sind Daten, die über das Internet (mehr oder weniger) frei zugänglich sind: Pressemeldungen, Werbeanzeigen, Einträge in Blogs, Diskussionsforen und auch in Sozialen Netzwerken wie Facebook.
Das ist: die Vorverlagerung der Grenzkontrolle nicht nur in die Herkunfts- und Transitländer der Migranten, sondern auch ins Internet. Potentiell aufschlussreich ist schließlich alles.