Samstag, 29. September 2012

Macht Nachdenken gierig?

Ein kritischer Bericht von mir über eine neue spieltheoretische Studie ist bei Telepolis erschienen.
Seit John von Neumann und Oskar Morgenstern 1944 die ersten Grundlagen legten, wurde die Frage immer wieder hinausgeschoben, wie und warum die Spieltheorie mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit verbunden ist. Bis dieses grundlegende Problem geklärt ist, sollten sich Spieltheoretiker wohl besser mit politischen Vorschlägen zurückhalten.

Mittwoch, 26. September 2012

Dienstleistung und Gewalt

Der Täter war ein "Kunde des Opfers". War er mit dem "Service" nicht zufrieden?


Dienstag, 25. September 2012

"Demokratische Rechte werden abgebaut, die wir erkämpft haben"

Mein Interview mit Francis Fox Piven über die Erosion demokratischer Rechte in den USA ist bei Telepolis erschienen.

Freitag, 21. September 2012

"Psychische Volkskrankheiten"

Heute ist ein Artikel von mir über die Verbreitung von psychischen Störungen bei Telepolis erschienen. Nebenbei streife ich (zugegebenermaßen ziemlich oberflächlich) die Frage, warum sie häufiger werden, Leiden immer stärker als "Krankheit" begriffen wird und was mit diesem Ausdruck eigentlich gemeint sein soll.
Das seit Descartes beliebte Spiel "Körper oder Geist, Objekt oder Subjekt?" wird niemals langweilig. Zu den Spielregeln gehört, dass der Körper mit Unfreiheit assoziiert wird, während die Gedanken angeblich frei sein sollen. Das entspricht zwar der Arbeitsteilung in den modernen Gesundheitssystemen, die streng zwischen seelischer und körperlicher Behandlung zu trennen meinen. Tatsächlich aber ist jede Krankheit Ausdruck von beidem. Soma und Psyche greifen ineinander.
Laut dem gängigen Verständnis kommt eine Krankheit von außen. Sie befällt den Kranken. Er ist nicht Subjekt seines Leidens, sondern das Objekt von pathologischen Prozessen, die in ihm wirken, aber nicht zu ihm gehören sollen. Man "hat eine Erkältung" oder "Krebs". Der Ausdruck "Ich mache Krebs" klingt komisch.

Mittwoch, 19. September 2012

Berliner Provinz-Debatten, von England aus betrachtet

Das Sommerlochthema lautete bekanntlich "Berlin hasst die Touristen". Nun hat dieses Thema, über das sich so trefflich schwadronieren läßt, die englische Öffentlichkeit erreicht. In der lustig zu lesenden Guardian-Serie über Deutschland "The Accidential Empire" schreibt Jochen Hung:
Many locals are blaming "the foreigners", the tourists and bohemians from Britain, Spain or Scandinavia, for this sudden rent hike. Last year, Der Spiegel reported on a backlash against the growing international community in the district, spearheaded by one of the local bar-owners whose video manifesto against "the fucking students, artists and layabouts" went viral.
Es sei mal dahin gestellt, wie viele locals das eigentlich sind und ob der Touristenhass, den es in Berlin schon immer gab, nicht eher so etwas ist wie der eklige Schaum auf dem leckeren Bier der Gentrifizierungsablehnung, wenn ihr versteht, was ich meine ... Hung jedenfalls - und da ist der Guardian mal wieder um Längen voraus - beläßt es nicht dabei, einen angeblichen Kulturkampf zwischen Hipstern und Einheimischen nachzuzerzählen, sondern weist auf den Hintergrund hin:
Iit is the international financial crisis, triggered by the collapse of the US housing bubble, that led to Berlin's property boom. Germans who normally would have invested their savings on the stock market are now putting their money into relatively secure real estate. This run on property is fuelled by historically low interest rates.

Dienstag, 18. September 2012

Schüler unter RFID-Dauerbeobachtung

Ein neuer Artkel von mir beschäftigt sich mit RFID-Überwachung in amerikanischen Schulen. Altersheime und Gefängnisse werden am Rande erwähnt.
Auch wenn der Werbeslogan vom "Internet der Dinge" mittlerweile etwas staubig riecht, in Krankenhäusern, Bildungseinrichtungen und anderen sozialen Einrichtungen könnte für die RFID-Technik Wachstumspotential vorhanden sein. Obwohl Hersteller und Finanziers unbeirrt das Gegenteil behaupten, sind die Rationalisierungseffekte durch RFID in Produktion, Logistik und Einzelhandel in der Regel recht klein. Anders, wenn Funküberwachung tatsächlich zur kleinräumigen Kontrolle von Menschen eingesetzt wird, denn dadurch kann wirklich teure Arbeitszeit von Betreuern und Aufpassern einspart werden kann. Das lohnt sich vor allem in Gefängnissen, Altersheimen, Psychiatrien, kurz: in allen Einrichtungen, die der Soziologe Erving Goffman als "totale Institutionen" charakterisiert hat.

Freitag, 14. September 2012

"Die Kassenärzte jammern auf sehr hohem Niveau"

Mein Interview mit Wulf Dietrich, dem Vorsitzenden des Vereins Demokratischer Ärztinnen und Ärzte" (VDÄÄ) ist bei Telepolis abrufbar. Er spricht über Bedarfsplanung im Gesundheitssystem, verfehlte Protestaktionen der nierdergelassenen Ärzte und das kommende Krankenhaussterben.
Wulf Dietrich: Die Fehl- und Überversorgung ist das Ergebnis davon, dass die medizinische Versorgung rein finanziell gesteuert ist. Wir haben in München einfach zu viele niedergelassene Ärzte. Viele von ihnen haben am Anfang hohe Schulden und müssen zusehen, dass sie ihre Ausgaben wieder rein bekommen. Wer 100.000 Euro oder mehr in die Kassenärztliche Zulassung, die Praxis und Geräte investiert, muss diese Geräte auch einsetzen, damit sie sich amortisieren. Es wäre viel vernünftiger, kleinräumig eine Bedarfssteuerung einzuführen: Wie viele Herzkathederplätze brauchen wir wirklich?

Donnerstag, 13. September 2012

Warum hungern wieder mehr Menschen?


Was sind die Ursachen der Nahrungsmittelkrisen? Wie hängen 'land-grab' und 'peak soil' zusammen? Welche Rolle spielt die Spekulation mit Rohstoffen und Grundnahrungsmitteln?
Professor Philip McMichae erklärt die Verwerfungen in der globalen Nahrungsmittelproduktion unter anderem daraus, dass unser Agrarsystem auf dem Raubbau fossiler Energiequellen beruhte. Seine Darstellung ist vielleicht etwas schematisch, aber verdienstvoll, schleißlich spricht kaum jemand über diese Zusammenhänge.

Freitag, 7. September 2012

Schon wieder ein neuer Grund, web.de zu lieben:

Mittwoch, 5. September 2012

Etwa 40 der 140 Bandenmitglieder des neonazistischen "Thüringer Heimatschutzes" waren also laut Thüringer Allgemeinen Informanten des Bundesnachrichtendienstes, der Verfassungsschutzämter, des Miliärischen Abschirmdienst. Nach bisheriger Zählung. Die ist ja bekanntlich noch nicht vorbei.

Mal eben bruchrechnen.

Ergebnis: Fünf von sieben Nazis ließen sich ihr Nazitreiben nicht von Staat bezahlen.

Dienstag, 4. September 2012

"Die letzten Gemeingüter dieses Planeten verschwinden"

Ein Interview von mir mit dem englischen Autor Fred Pearce über 'land grabbing', die Vorurteile von Naturschützern und die Rettung unseres Planeten durch Kleinbauern ist gerade bei Telepolis erschienen:
Das sogenannte land grabbing gab es bereits vor 2007, aber seitdem hat es neue Ausmaße erreicht. Einen Eindruck von den Dimensionen dieser Umverteilung vermittelt die Internetseite Landmatrix, die unter anderem von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) betrieben wird. Schätzungen reichen von 56 bis zu 80 Millionen Hektar in den Jahren 2008 bis 2010. Der überwiegende Teil davon liegt in Afrika südlich der Sahara. Die Dunkelziffer ist groß, weil viele Verträge vertraulich behandelt werden. Sicher ist, dass es sich um einen wichtigen und stärker werdenden Trend handelt. Als der Südsudan souverän wurde, hatte er bereits neun Prozent seines Territoriums an ausländische Investoren verkauft oder verpachtet.

Sonntag, 2. September 2012

Samstag, 1. September 2012

Ich war noch jung damals und in Geschmack und Haltung keineswegs gefestigt, als ich an der Straßenbahnhaltestelle von einem Zwanzigjährigen mit Baseball-Kappe und Schnurrbart erst ausgiebig beäugt und dann im breiten Dialekt meiner Heimatstadt angesprochen wurde. Er stellte eine mir seitdem unvergessliche Frage.
So wie du rumläufst – was soll das eigentlich sein?
Dies nicht herausfordernd, sondern eher neugierig. Ich hätte versuchen sollen, ihm die vielen subkulturellen Versatzstücke zu erklären, die ich am Leibe trug. Oder wenigstens, was sie mir bedeuteten. Stattdessen murmelte ich "Ach, leck mich doch ...", denn das war in der Regel die beste Antwort, wenn man in Ludwigshafen von Unbekannten angesprochen wurde. Allerdings sagte ich es ziemlich leise, denn das war in der Regel die richtige Lautstärke, um nicht auf die Mütze zu kriegen.
Aber der Kollege wollte mir ja gar nichts tun. Er verstand einfach nicht, was ich meiner Mitwelt sagen wollte mit meinen Ansteckern, bemalten Halbschuhen und komischen Frisur. Für ihn passte das alles nicht zusammen.
Nach der Lektüre von Magnus Klaues Konkret-Artikel geht es mir wie ihm. Darin geht es, so viel habe ich verstanden, um das Wohnen zur Miete und den Hass auf Touristen, der angeblich in Berlin grassiert. Der Text besteht aus kulturhistorischen Versatzstücken, aus der Kolportage von Gerüchten aus der linken Szene und Klischees über die "alternative Lebenswelt". Der Mieter sei ein Bürger und zahlt fürs Dach überm Kopf, was ein Versprechen auf Befreiung sein soll. Aber das geht offenbar schief, und der Bürger-Mieter geht sich und den anderen Menschen immer mehr auf die Nerven. Über das Kreuzberger Milieu schreibt Klaue so, wie ich über, sagen wir mal: französische Investment-Banker schreiben würde. Ich habe keine Ahnung, wie die leben und ticken.
Aber Klaue zitiert grazil und aus dem Zusammenhang, erklärt im Vorübergehen den Arbeitskreis Kritische Geographie zu Volldeppen, um schließlich zum Ergebnis zu kommen, sowohl der Touristenhass, als auch die Kritik am Touristenhass seien irgendwie Ausdruck derselben Misere. Und all das (und mehr) gipfelt in der folgenden Fanfare:
Erst wenn die Einwohner der Alternativkieze erkennen, daß ihr eingebildeter Kosmopolitismus nur Multikulturalismus war, wenn sie sich also entscheiden, endlich bei sich selber auszuziehen, um bei sich selber anzukommen, wo immer das auch sei, könnten auch die Kreuzberger einmal zu Menschen werden. Es wird noch lange dauern.
Der Kreuzberger als Halb-Mensch, dabei aber humanistisches Pathos und Adorno-Jargon bis zum Abwinken – was soll das eigentlich sein?