Das Kapital wird in seiner praktischen Bewegung durch die Aussicht auf zukünftige Verfaulung der Menschheit und schließlich doch unaufhaltsame Entvölkerung so wenig und so viel bestimmt als durch den möglichen Fall der Erde in die Sonne.2015, wir kommen!Karl Marx, Kapital I, MEW 23, Seite 285.
Freitag, 26. Dezember 2014
Dienstag, 23. Dezember 2014
"Zu falsch-negativen Befunden gibt es keine Angaben"
Gesundheitspolitische Laien mag überraschen, wie so was läuft. Im Gemeinsamen Bundesausschuss verhandeln die Verbände der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen, was medizinisch sinnvoll ist und daher bezahlt wird. Aber irgendwie wurde in diesem Fall total vergessen, zu untersuchen, ob das ganze überhaupt funktioniert. Die geplante Begleitforschung jedenfalls war von vornherein ungeeignet.
Das Hautkrebs-Screening ist mit der Erwartung eingeführt worden, dass schwarzer Hautkrebs früher entdeckt wird, dass in der Frühphase bessere Überlebenschancen bestehen und dass die Melanom-Sterblichkeit in der Bundesrepublik zurückgehen wird. Außerdem sollte jede Art von früh entdecktem Hautkrebs schonender und vielleicht sogar kostengünstiger behandelt werden. Angesichts dieser Erwartungen wäre die Erfassung von harten Endpunkten, wie dem Rückgang der Melanom-Mortalität, angezeigt. Eine solche Bewertung ist aber von Anfang an nicht vorgesehen gewesen.Das ist nur eine der vielen Merkwürdigkeiten, von denen Kaulen berichtet. Fazit:
Es gibt keine einzige kontrollierte randomisierte Studie, die den Nutzen des Hautkrebs-Screenings eindeutig belegt. ... Es ist dringend an der Zeit, das bundesdeutsche Hautkrebs-Screening auf den Prüfstand zu stellen.Eine medizinsche Behandlung wird auf die Bevölkerung losgelassen, obwohl niemand weiß, wie sie wirkt? Von den vielen, vielen Problemen der gesundheitlichen Vorbeugung ist diese die banalste: Wenn für Untersuchungen bezahlt wird, wird mehr untersucht. In meinem Buch Mythos Vorbeugung erzähle ich die klassische Geschichte zu dieser Problematik.
Die American Child Health Association war eine Wohltätigkeitsorganisation, die mit Spenden reicher Philanthropen gut ausgestattet war. Ihr Ziel war die Förderung der Gesundheit Heranwachsender. Auch damals schon wurden entzündete und vergrößerte Gaumenmandeln in bestimmten Fällen herausgeschnitten. Die „Amerikanische Vereinigung für Kindergesundheit“ wollte sicherstellen, dass wirklich alle Kinder operiert würden, denen dies nutzen würde. Um den Bedarf zu ermitteln, rekrutierten sie im Jahr 1934 1000 New Yorker Schulkinder mit einem Zufallsverfahren. Bei 611 von ihnen waren die Gaumenmandeln bereits zuvor entfernt worden.Weil der Verein sicherstellen wollte, dass keine nötigen Operationen ausgeblieben waren, schickte er die übrigen Kinder zu einer erneuten Untersuchung bei Schulärzten. Diese hielten eine Operation bei 174 von 389 Kindern für nötig. Um nun ganz sicher zu gehen, organisierte die Vereinigung abermals eine Untersuchung für die Übriggebliebenen; wieder fanden sich in der auf 215 Kinder geschrumpften Gruppe 99 bisher übersehene operationsbedürftige Fälle. Nach einer weiteren Untersuchungen blieben nur 65 Kinder mit offenbar bemerkenswert robusten Gaumenmandeln übrig. Leider wurde die Studie an dieser Stelle abgebrochen. Die Rate der positiven Diagnosen lag bei der ersten Untersuchung bei 60 Prozent und pendelte bei den drei folgenden um 45 Prozent.
Freitag, 19. Dezember 2014
Mittwoch, 17. Dezember 2014
Das Präventionsgesetz kommt - kommt das Präventionsgesetz?
Der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich sagt unserer Zeitung, dass er „ganz froh darüber war, dass die parlamentarischen Anläufe in der Vergangenheit immer gescheitert sind“. Sein Argument: „Hier werden Gelder der Versicherten eingesetzt, die an anderer Stelle in der Versorgung fehlen“. Es sei „ein falsches Signal, wenn es Sportkurse künftig auf Rezept geben soll, uns aber dann etwa Mittel fehlen, um Familien zu entlasten, deren Kinder an Neurodermitis erkrankt sind“.berichtete heute morgen die Stuttgarter Zeitung.
Skeptisch ist auch die gesundheitliche Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis. Sie mahnt, „dass hier nicht nach dem Gießkannen-Prinzip Mittel für das fünfte Faltblatt zum Thema ,Beweg dich mal’ ausgegeben werden dürfen“. Außerdem seidie Förderung von der Gesundheit zuträglichen Bedingungen in Schule, Arbeitsplatz und Wohngegend „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sollte also aus dem Steuertopf finanziert werden. Das gelte aber in ganze besonderen Maße für die Mittel, die die Bundeszentrale aus Versichertenbeiträgen erhalte. Mattheis kann sich ganz gut vorstellen, „dass das eines der Gesetze wird, die wir in der großen Koalition nicht gemeinsam hinkriegen.“
Der Artikel enthält übrigens ein, zwei missverständliche Formulierungen.
Montag, 15. Dezember 2014
Zweifel am Präventionsgesetz
By way of Fazit:
Das grundsätzliche Problem bei der gesundheitlichen Prävention besteht darin, dass zusätzliche Anstrengungen und Untersuchungen den Gesundheitsbewussten wenig bringen. Bei denjenigen, die sich tatsächlich eindeutig gesundheitsschädlich verhalten, zum Beispiel rauchen, wirken Appelle oder Anreize aber in der Regel nicht – übrigens auch dann nicht, wenn diese Anreize und Appelle in den Lebenswelten stattfinden, wo sie sich aufhalten.Mittlerweile habe ich mich so lange und intensiv mit dem Versuch der Krankheitsverhinderung beschäftigt, dass es mir manchmal schwer fällt, die Ebenen der Kritik auseinander zu halten. Wie bei allen bevölkerungspolitischen Maßnahmen bin ich nicht so sicher: Will ich, dass sie erfolgreich sind - auch wenn sich so das Rad der "Selbstoptimierung" und Ausbeutung weiterdreht - oder dass sie scheitern - auch wenn das mehr Morbidität und Mortalität bedeutet?Obwohl einige Fachleute von der Prävention inzwischen recht ernüchtert sind, wird das Präventionsgesetz diesmal sehr wahrscheinlich durchkommen. Für die Vorbeugung wird viel Geld in die Hand genommen. Dafür seien aber unter Umständen "mittel- bis langfristig erhebliche Einsparungen durch die Vermeidung von Krankheits- und Krankheitsfolgekosten" möglich, heißt es in dem Gesetzentwurf. Ob aber die "Investition in die Prävention" sich auszahlen wird, bezweifeln gerade Gesundheitswissenschaftler.
Samstag, 6. Dezember 2014
Dienstag, 2. Dezember 2014
Juden und Palästinenser in Berlin
Es handelt von Re-Ethnisierung, Ethnozentrismus, von ausgedachten Wurzeln und davon, dass die Perspektive der Einwanderer mit der mehrheitsdeutschen Erinnerungspolitik wenig zu tun hat.
Konflikte im Nahen Osten, auf dem Balkan, in Afghanistan oder Zentralafrika werden von vielen muslimischen Jugendlichen als Beleg für eine einseitige Politik des "Westens" gegenüber Muslimen weltweit verstanden ... Der Konflikt zwischen Israel und Palästina dient dabei darüber hinaus als Metapher für Ungerechtigkeiten, von denen sich muslimische Jugendliche auch in Deutschland betroffen fühlen.schreibt kenntnisreich Götz Nordbruch. Diese Weltsicht, von der mein Feature auch handelt, ist verblendet und dumm. In Wirklichkeit führt nicht "der Westen" einen Krieg gegen die Muslime. Aber, stellt Nordbruch sehr richtig fest:
Ein solches Gefühl speist sich nicht allein aus einer Opferideologie, in der die eigene Gemeinschaft mit Verweis auf Rassismus und Diskriminierungen zusammengehalten wird. Es spiegelt vielmehr auch reale Erfahrungen wider, die junge Muslime und Jugendliche mit türkischen oder arabischen Migrationshintergrund im Alltag sammeln. Ebenso wichtig wie persönliche Erfahrungen mit Vorbehalten und Anfeindungen sind die Auswirkungen eines gesellschaftlichen Diskurses, in dem "der" Islam und "die" Muslime immer noch in weiten Teilen als fremd und nicht zugehörig gelten.Passend dazu, geradezu wie bestellt, berichtete gestern das Institut für empirische Intergrations- und Migrationsforschung die Ergebnisse einer großen repräsentativen Befragung über die jüngsten Formwandlungen des deutschen Nationalismus:
Die Bevölkerung in Deutschland hat ein positives Selbstbild und identifiziert sich stark mit ihrem Land. Je stärker jedoch die Identifikation, desto größer ist auch das Potenzial zum Ausschluss, was am Beispiel der Einstellungen gegenüber Musliminnen und Muslimen deutlich wird.Not so funny fact: Mehr als jeder dritte glaubt, dass eine muslimische Frau, die ein Kopftuch trägt, keine Deutsche sein könne.