Über die Inhaltskontrolle der Internetmedien zirkuliert eine Unzahl von Gerüchten und Verschwörungstheorien. Leider kommt Medienkritik heute vor allem von rechts. Sie hat ein beklagenswertes Niveau, das über das ewige cui bono? nicht hinauskommt. Natürlich müssen wir Interessen analysieren, um zu erklären, warum Facebook manches löscht und anderes stehen läßt. Aber die rechte Medienkritik personalisiert und vereinfacht so sehr, bis eine Karikatur der Machtverhältnisse entsteht, oder, besser noch, ein Zerrbild. Da sagt der Soros der Merkel, was sie zu tun hat, und die Merkel sagt es dem Zuckerberg. Oder umgekehrt. "Die stecken alle unter einer Decke!" ist der Ausgangspunkt und der Endpunkt dieser Kritik. Ihre Auswahl der angeblichen Schurken - der "Strippenzieher" - ist beliebig.
In Wirklichkeit ist die Inhaltskontrolle der Sozialen Medien viel komplizierter („War ja klar ...“), aber auch in gewisser Weise einfacher („Echt jetzt?“). Die Sozialen Medien sind nämlich in erster Linie eine kommerzielle Veranstaltung, anders gesagt: Es geht ihnen um Profit.
Gleichzeitig sind sie in erster Linie eine US-amerikanische Veranstaltung, weshalb der dortige Staat und die dortigen Interessensgruppen den maßgeblichen Einfluss haben. Im Zweifelsfall stehen den Konzernen die Entscheidungsträger in ihrer Heimat am nächsten. Aber kommerzielle und politische (auch "geostrategische") Interessen prallen durchaus aufeinander.
Mein Feature „Wie Facebook und Co. Inhalte aussortieren“, das heue vom WDR gesendet wurde, beschreibt die unterschiedlichen Ebenen der Inhaltskontrolle. Den brutalen Arbeitsalltags der Löschteams. Die redaktionelle Überprüfung durch Faktenchecker, ausgelagert an Organisationen wie Correctiv. Schließlich die Rolle von Sicherheitsbehörden und Organisationen wie dem Atlantic Council.