Der Fluch des Alters besteht im Erinnern. Früher war alles anders. Scheint es mir, aber vielleicht war einfach nur ich ganz anders. Nämlich jünger. Weniger müde und weniger mürrisch.
Whatever. Ich als alter Mann meine mich jedenfalls daran zu erinnern, dass früher weniger über Umgangsformen im öffentlichen Raum geredet wurde. Mittlerweile nimmt die Frage, welche Formulierung zu weit ging und welche Gefühle von wem verletzt hat, breiten Raum ein. So breit, dass für die eigentlichen Streitpunkte kein Platz übrig bleibt. Aber so scheint es nur, oberflächlich betrachtet. In Wirklichkeit werden Standpunkte ausgeschlossen, für unanständig erklärt, tabuisiert.
Die Grenzen meiner Sprachen sind die Grenzen meiner Welt, sagt Wittgenstein. Philosophisch fragwürdig, finde ich, aber ganz richtig bezogen auf die politische Kommunikation im späten Neoliberalismus: Die Grenzen des Sagbaren sind die Grenzen des Denkbaren.