Donnerstag, 27. Dezember 2007


Montag, 24. Dezember 2007

"Selbstbehauptung des Rechtsstaats"

Otto Schily hat bekanntlich ein Buch des Kölner Staatsrechtlers Otto Depenheuer empfohlen, das die Rezensenten von ZEIT, TAGESPIEGEL und TAZ entsetzt hat. Die FAZ stützt unterdessen den konservativen Verfassungsrichter Udo Di Fabio, dem die ständigen Rufe der Regierungspolitiker nach "schärferen Gesetzen" offenbar zu weit gehen, vor allem weil sie die einseitig die Exekutive stärken (sage ich). In seiner scharfen Kritik "Angst essen Seele auf" hat Michael Stolleis Depenheuers Traktat in der Tradition von Carl Schmitts und Ernst Jüngers verortet. Der Staatsrechtler ist nämlich ein Schüler von Josef Isensee, der wiederum viel von Carl Schmitt übernommen hat und in Sammelbänden veröffentlichte, die von dem Konservativen Revolutionär Armin Mohler herausgegeben wurden.
Man soll den Vorwurf der Faschisierung ja sparsam verwenden. Dennoch, mir gibt es zu denken, dass staatstragende Blätter Recherchen bringen, die gut ins Antifa-Infoblatt passen würden. Dabei sind die Positionen Depenheuer nicht obskur. Das Buch ist erschienen in der Reihe "Schönburger Gespräche zu Recht und Staat", zu der auch Di Fabio einen Band beigetragen hat. Anders gesagt: die Feindrechtsdebatte reicht bin in den staatsrechtlichen Mainstream hinein, weil sie eben wirklich Grundfragen von Staatlichkeit berührt, die unter anderem von Carl Schmitt auf den brutalen Begriff gebracht wurden. Um sich selbst zu behaupten, muss der "Rechtsstaat" sein angeblich "Anderes" - sprich die regellose Gewalt - in sich aufnehmen. Kein Wunder, dass sowohl Depenheuer als auch seine Kritiker zustimmend Giorgio Agamben zitieren.

Samstag, 22. Dezember 2007

Spam

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Donnerstag, 20. Dezember 2007

Berlin Nacht

Fehlleistungen eines Tastaturarbeiters

Gerade habe ich eine geschlagene Stunde versucht, einen Aufsatz im Netz zu finden. Dann begegnete ich auf dem Weg in die Küche dem Bücherregal, wo das Buch stand, in dem der Text enthalten ist. Lag es daran, dass Google dort nicht nachschaut?

Wenn ich mein Leben schon im Internet verbringe, kann ich mich hier auch bestatten lassen? Gibt es schon Online-Beerdigungen? Die Biomasse wird aufgelöst in binäre Zeichen und verstreut im Datenmeer.

Samstag, 15. Dezember 2007

Nationalbolschewistische Rhetorik in der JW

Manchmal ist es mir schon peinlich, in der Jungen Welt zu veröffentlichen. Zum Beispiel, wenn Werner Pirker kommentiert.
Es ist eine feindliche Regierungsgewalt, die von der Europäischen Union über die Völker ihrer Mitgliedsländer ausgeübt wird.

Wacht auf, verdammte Völker dieser Erde...

Donnerstag, 13. Dezember 2007

Geduldiges Anprangern - "Fetisch und Freiheit" von Stephan Grigat

Alles ist eitel und leer und im Falschen nichts, gar nichts Richtiges. Wenn die Mädchen und die Jungs zwischen Hass und Verzweiflung schwanken, nicht mehr mitmachen wollen und mit der versteinerten behäbigen Linken nichts anfangen können, dann ist das gut und nicht schlecht. Wenn sie für ihren Feind das Wort „Deutschland“ finden, ist es verständlich (wenn auch verharmlosend). Wenn Lehrbeauftragte der Politikwissenschaft aus diesem Impuls eine Theorie machen wollen, ist es albern. Stephan Grigat ist Lehrbeauftragter an der Universität Wien und behandelt in Fetisch und Freiheit "Fachprobleme der Kritik der politischen Ökonomie". Please, please give me a break.
Eine Rezension folgt, vorerst nur soviel: In seiner Einleitung charakterisiert Grigat materialistische Kritik
mit den Fragen „Was ist?“, „Was könnte auf Grund dessen sein?“, „Warum ist das Mögliche nicht wirklich?“ und „Wie kann es dennoch wirklich werden?“.

Auch wenn wir die Gesellschaftsanalyse mit Hilfe des Generalschlüssels Fetischismus großzügig als Beitrag zur Beantwortung der ersten dieser Fragen werten, bleiben die anderen sperrangelweit offen.

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Strategie der Abschreckung?

Gerade ist mein neuer Artikel bei 'Telepolis' über die neuen Statistiken zum "Hochschulstandort Deutschland"

Ausstellung aus Jürgen Kuczynskis Nachlass

Heute ist in der 'Jungen Welt' eine neue Ausstellungskritik von mir. erschienen: "Einblicke in den Nachlass" von Jürgen Kuczynski in nder Berliner ZLB.

Dienstag, 11. Dezember 2007

File-sharing is not a crime!

Oder doch? Vor zwei Jahren habe ich geschrieben:
Um als Ware zu taugen, muss Wissen mit einem Eigentumstitel versehen werden, durch ein staatliches Zertifikat (wie im Fall der Universitätsabschlüsse), durch ein Patent oder Copyright. Gibt es eine staatliche Garantiemacht, ist das durchaus möglich.

Ganz im Gegensatz dazu meine Rezension von "Wikinomics" vom letzten Monat. Da habe ich mich, wie viel zu oft, weit aus dem Fenster gelehnt und behauptet:
Was heute ohne fixes Kapital hergestellt und verbreitet werden kann (also beispielsweise Texte, Musik und Filme), wird tendenziell außer Wert gesetzt.

Wäre ja schön, aber die Medienindustrie will da nicht mitmachen. Und offenbar kann sie sich bis auf weiteres durchsetzen. Ein paar Fakten:

In Frankreich hat die Regierung Sarkozy ein Abkommen „gegen den Diebstahl des geistigen Eigentums“ zwischen diversen Ministerien und der Industrie initiiert. Erarbeitet hat den Text Denis Olivennes, Chef der Großhandelskette FNAC. Stimmt das Parlament zu, wird eine eigene Polizeibehörde eingerichtet, die Urheberrechtsverletzungen verfolgen soll. Nutzer sollen nach zweimaliger Vermahnung vom Internet abgetrennt werden. Übrigens: als ich im September bei Telepolis erwähnte, dass Beckstein die sogenannte Online-Durchsuchung auch deshalb will, damit die Polizei nicht autorisiertes Downloaden besser verfolgen kann, wurde mir Alarmismus vorgeworfen.

Laut der Gesellschaft für Konsumforschung nutzen 7,5 Millionen Deutsche Tauschbörsen. Bisher war auch nach deutscher Rechtsprechung nur verboten, Dateien zur Verfügung zu stellen. Mit dem neuen Urheberrecht wird ab 1. Januar 2008 auch der Download von „offensichtlich rechtswidrigen Angeboten im Internet“ strafbar. Wie das Gesetz ausgestaltet wird, werden die Gerichte ab Januar entscheiden.

Der Umsatz auf dem Phonomarkt, inklusive Musikvideos und kostenpflichtigem Download, ist seit von 2,7 Millionen im Jahr 1998 auf 1,7 Millionen gesunken. Bevor jemand jetzt spenden will: die Profite der Kulturindustrie kommen nicht nur aus dem Verkauf, sondern immer mehr aus Lizenzen und Merchandising.

Laut Berliner Zeitung beschäftigt die Industrie in Deutschland über hundert Mitarbeiter, die Datei–Tauscher zur Anzeige bringen. Clemens Rasch, Anwalt der Deutschen Phonoverbände: „Wir wollen, dass jeder jemanden kennt, der erwischt worden ist.“ Rasch war Justitiar des „Verbandes der Musikindustrie“ und betreibt nun eine „Gesellschaft zum Schutz des Geistigen Eigentums“ namens PROMEDIA.

Laut FAZ steigt die Zahl der Anzeigen massiv an: bei der Berliner Staatsanwaltschaft beispielsweise gingen 2005 60 Anzeigen ein, 2006 fast 500 und 2007 im ersten Halbjahr 1 577. In Hamburg erhalte ein Staatsanwalt täglich 200 Anzeigen. Von 2004 bis 2006 waren es insgesamt 20 000 Anzeigen, 2007 „von Januar bis Spätsommer allein 30 000“. Fast alle Anzeigen enden mit Vergleichen. Üblich sind unglaubliche 10 000 Euro pro Musikdatei.

Montag, 10. Dezember 2007

Interview zur inneren Verunsicherung

Gestern ist bei 'Telepolis' mein Interview mit Wolfgang Kaleck, dem Vorsitzenden des Republikanischen Anwältinnen- und Anwältevereins (RAV), erschienen. Kaleck spricht darin unter anderem über die 'diskursive Strategie' des Innenministers: "Wer nach jedem Schäuble-Interview eine Textauslegung betreibt, begeht einen Fehler."

Sonntag, 9. Dezember 2007

Advent

Es naht die Weihnachtszeit: sexualisierte Werbung überall, meine Turnschuhe durchnäßt, Sonderangebote im Einzelhandel und ein Streik, dem kaum jemand bemerkt. Und dann verirre ich mich gestern auch noch im Wald.



Freitag, 7. Dezember 2007

Neue Ausstellungskritik

Morgen erscheint in der Jungen Welt meine Kritik der Veranstaltungsreihe Di/Visions im "Haus der Kulturen der Welt". Zu finden hier!

Liebe Opfer!

Jetzt seid ihr bestimmt froh, dass euch die Berliner Polizei ein eigenes Zimmer eingerichtet hat.
An diesem Donnerstag will die Berliner Polizei ein Opferschutzzimmer eröffnen. Das Zimmer in der Direktion 2 in der Charlottenburger Chaussee solle Opfern von Straftaten eine adäquate Umgebung zum Reden über ihre traumatisierenden Erlebnisse geben, teilte die Polizei am Mittwoch in Berlin mit. Das Zimmer sei in warmen Gelb gestrichen und mit indirektem Licht und Gardinen ausgestattet.

Das berichtet die DPA. "In warmem Gelb". Bis zur Eröffnung könnt ihr hier welches haben:



Ebefalls nicht lustig ist die Pressemeldung der Polizei Abschiebehäftling zeigt "Nazi-Gruß".
Unhöflich und strafbar begegnete ein Abschiebehäftling im Polizeigewahrsam Köpenick gestern Abend gegen 18 Uhr 15 der Begrüßung eines Polizeiangestellten. Dem zur Gefangenenbewachung eingeteilten Mitarbeiter antwortete der 30-Jährige mit einem 'Nazi-Gruß'. Drei weitere Zelleninsassen hörten dies ebenfalls. Der Häftling wurde anschließend in ein anderes Gebäude verlegt. Der polizeiliche Staatsschutz ermittelt wegen der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.

Was soll das? Warum sollte ein Asylbewerber einem deutschen Polizisten seinen ausgestreckten rechten Arm zeigen, wenn nicht als Zeichen dafür, dass er ihn für einen Nazi hält? Der revanchiert sich mit einer Anzeige. Manchmal habe ich dieses Land so satt.

Mittwoch, 5. Dezember 2007

Die deutsche Unterschicht

Bevor der GRÜNEN-Politiker Oswald Metzger Ende November aus dieser Partei austrat, gab er dem STERN noch schnell ein Interview und seine profunden Kenntnisse über Sozialhilfeempfänger bekannt:
Viele sehen ihren Lebenssinn darin, Kohlehydrate oder Alkohol in sich hinein zu stopfen, vor dem Fernseher zu sitzen und das Gleiche den eigenen Kindern angedeihen zu lassen.

Schön. Fast so schön wie der Berliner Bürgermeister und Chef-Hedonist Klaus Wowereit, der sich manchmal schon wundert
wenn ich höre, wofür die Budgets der kleinen Leute heute so ausgegeben werden. Wenn man 80 Euro im Monat für Zigaretten ausgeben kann, noch mal so viel für Lotto und Alkohol, für Bezahl-TV, Teleshopping und Handy-Gebühren, dann frage ich mich, ob das, was wir manchmal Armut nennen, nicht auch mit der verloren gegangenen Fähigkeit zu disziplinierter und mathematisch korrekter Haushaltsführung zu tun hat. Wer mit Geld nicht umgehen kann, dem ist mit einer Erhöhung der Sozialhilfe nur wenig gedient.

Was soll eigentlich aus dem Unterschichtenfernsehen werden, wenn die Unterschicht nicht mehr glotzen darf? Egal. In Wirklichkeit ist der Zustand der Unterschicht noch viel schlimmer: sie läßt sich solche Beleidigungen einfach gefallen.

Verbotene Phrasen

illusorisch - humanitäre Katastrophe - anstehende Wahlen - Tendenz steigend - gemischte Gefühle - in Zeiten leerer Kassen - frischer Wind - harte / zähe / lange Verhandlungen - sich um Schadensbegrenzung bemühen - Zustimmung signalisieren - mehr als fraglich - verlief weitgehend friedlich - es regt sich Widerstand - hitzige Debatte / spannende Debatten - fieberhaft - tough decisions ahead - der wissenschaftliche Nährwert - verschiedener / aller parteipolitischer Couleur - tumultartige Szenen - Nachbesserungen fordern - eine Absage erteilen - für Schlagzeilen sorgen - ein historischer Tiefstand / Höchststand - unter veränderten Rahmenbedingungen - Widerstandshochburg - politisches Kapital schlagen aus - eine Reihe offener Fragen - gesetzlich verankern - tobt Bürgerkrieg seit - Ende der Debatte - auf fruchtbaren Boden fallen - kritisch unter die Lupe nehmen - eine Ausnahmeerscheinung unter - auf europäischer / internationaler Ebene - die Weichen stellen für - gewaltige Summen - Sinnhaftigkeit - seine / ihre hausaufgaben machen

Dienstag, 4. Dezember 2007

"Da ist Potential!"

Aufgepasst, ihr Dienstleistungsproleten, Symbolanalytiker und Bildschirmsklaven:
Jetzt geht es euch richtig an den Kragen.

Urbanstraße

Montag, 3. Dezember 2007

"Das Bundesinnenministerium gewährleistet die innere Sicherheit!"

So lautet der Metatext der Internetseiten des Bundesamtes, gleichsam als Motto der Aktivitäten des BMI. Mir wäre ja genug, wenn die Beamten ihr Bestes versuchten. Im Rahmen der bestehenden Gesetze. Wie bin ich naiv.

Die "bestehenden Gesetze" (noch so eine Phrase) hält der Innenminister bekanntlich für nicht ausreichend zur "Terrorabwehr". Auch deshalb veranstaltete das BMI am Wochenende eine internationale Konferenz bei Berlin, an der die Innenminister der G 6 - Staaten (USA, S, UK, I, F, D) teilnahmen. Man wolle "den Rechtsrahmen für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus nur gemeinsam fortentwickelt". Ich war auf die Konferenz am 1. November aufmerksam geworden, als Wolfgang Schäuble in einer Rede sagte:
Beispielsweise entspricht die strikte Trennung zwischen Völkerrecht im Frieden und Völkerrecht im Krieg den neuen Bedrohungen nicht mehr. Und auch die Einordnung von Terroristen in das System des humanitären Völkerrechts, das von der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nicht–Kombattanten ausgeht, bereitet Schwierigkeiten.

Leider hat man mich zu der Pressekonferenz in Werder trotz meiner wiederholten Bitte nicht eingeladen. In der Presse ist heute kaum etwas Konkretes zu erfahren. Verhandelt wurde über erleichterte Abschiebungen von Verdächtigen, einen besseren Informationsaustausch zwischen den "Sicherheitsbehörden", "Lösungsansätze zur Gefahrenabwehr im Zusammenhang mit der grenzüberschreitenden Nutzung von elektronischen Kommunikationssystemen insbesondere durch die Online-Durchsuchung", "der Ausbau der guten Zusammenarbeit unter den Nachrichtendiensten".

Ende der Durchsage. Konkretes weiß scheinbar niemand. (Am besten noch Stefan Krempl bei HEISE.) An dem Symposium nahmen auch Wissenschaftlern und Experten aus sieben Nationen teil - leider habe ich keine Ahnung, welche.

In der Junge Welt bemüht sich Rainer Rupp, Schäubles Ausspruch auf der Pressekonferenz
Die, die sagen, Guantánamo ist nicht die richtige Lösung, müssen bereit sein, darüber nachzudenken, was die bessere Lösung ist.

zu skandalisieren – was ausgerechnet daran schlimm sein soll?

Auch Ulla Jelpke, die innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, hat deshalb für die kommende Woche eine Debatte im Innenausschuss des Bundestags beantragt:
Wer sich so äußert wie Schäuble, der lässt kaum einen Zweifel daran, dass er Guantanamo zumindest für einen legitimen Versuch hält, den Terror zu bekämpfen.

Mich schockiert viel mehr des Ministers instrumentelles Verständnis von Grundrechten:
Zu den fundamentalen Menschenrechten gehört aber auch das Recht der Unschuldigen auf Sicherheit.

Wo hat eigentlich der Jurist Schäuble dieses angebliche Recht auf Sicherheit niedergelegt gefunden? Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie die "Güterabwegung" ausgehen wird, wenn dieses "Recht auf Sicherheit" dem Recht auf ein öffentliches Verfahren beispielsweise entgegen steht.

Samstag, 1. Dezember 2007

Herbst und Heroin, Winter und Würfelzucker



Jens Rachut kann ja nichts falsch machen. Kommando Sonnenmilch im Festsaal gestern - gut, wenn auch nicht mehr so gut wie früher, also eher "schon gut, aber". Das liegt natürlich daran, daß wir nicht mehr so gut wie früher sind.

Gestern habe ich erfahren, daß es tatsächlich Leser da draußen gibt. Hallo! Für euch der Link zu meiner Eloge über Rachut von letztem Jahr.

Donnerstag, 29. November 2007

Arbeitsverweigerung im 2. Weltkrieg



Das konservative englische Wochenmagazin Spectator (jenes mit dem mutmaßlich blödesten Werbespruch, der überhaupt möglich ist - champagne for the brain) brachte vor zwei Wochen einen Artikel mit dem schönen Titel
"Wie wir wegen Arbeitskämpfen fast die Schlacht um Britannien verloren"

Es ist eine Episode, die niemals wirklich erzählt wurde, auch weil sie nicht in zu dem romantischen Mythos über Churchill passt.

Und das bekanntlich nicht nur in England. In der Rüstungsfabrik in Birmingham, wo unter anderem die Spitfire hergestellt werden sollte, wurde wegen fortgesetzten Streiks und Arbeitsverweigerung bis Mai 1940 kein einziges Flugzeug oder U–Boot gebaut. Ein Zeitgenosse schrieb in einem Bericht an das britische Innenministerium:

Die Arbeitskräfte sind in einem sehr schlechten Zustand. Es fehlt an Disziplin. Die Leute gehen vorzeitig und kommen zu spät, wenn es ihnen gefällt, nehmen sie sich am Abend frei. Mir ist aufgefallen, dass sich in manchen Bereichen der Fabrik die Arbeiter selbst dann nicht zusammennahmen, wenn der Vorarbeiter kam.

Der Krieg gegen die Nazis bedeutete offensichtlich nicht, dass sich die Arbeiter willig Verzicht übten – während sie andererseits zum großen Teil ganz widerspruchslos kämpften. Oder, wie Arthur Koestler in The Lion and the Ostrich von 1973, seinem Lamento über die passiv–aggressive englische Arbeiterklasse, schreibt:

Der Arbeiter, der in El Alamein willig sein Leben gab, um die Freiheit seines Landes zu verteidigen, rührt in Dagenham (ein Industriegebiet bei London) keinen Finger, um das Land vor dem Bankrott zu retten.

Mittwoch, 28. November 2007

Heute



Heute: Wetter! Schön.

Dienstag, 27. November 2007

Aufmerksame Leser

Nichts freut mich mehr, als gelegentlich zu erfahren, dass meine Arbeit auf Interesse stößt. Heute morgen bekam ich eine Leserzuschrift mit dem folgenden Text:

"Halt’s Maul, aber plötzlich, und weg mit Deinem Scheiß über uns!"

Reizend. Besonders gefällt mir dieses antiautoriäre "aber plötzlich"! Unterschrieben ist das mit "SPK / PF (H)", den Nachlassverwesern des Sozialistischen Patientenkollektivs. Wer wissen will, was die Kolleginnen und Kollegen so aufregt, der Text findet sich hier.

Donnerstag, 22. November 2007

Erobern die Taliban Afghanistan zurück?

Das legt jedenfalls eine Studie des "Sensil Councils" nahe. Ich weiß nichts weiter über diesen Thinktank, der behauptet, dass "die Taliban in 54 Prozent des Territoriums dauerhaft präsent sind". Immerhin hat der kompetente pakistanische Autor Ahmed Rashid bei seinem Besuch in Berlin Anfang November gesagt, dass die Taliban "in den letzten Tagen versucht haben, Kandahar zurückzuerobern". Der Guardian von heute druckt eine Karte des Landes ab, die tatsächlich so aussieht, als seien die Alliierten auf dem Rückzug.

Montag, 19. November 2007

"Tabuisierung ist die falsche Antwort."

Innenminister Wolfgang Schäuble hat anscheinend letzte Woche vor der Karlsruher Justizpressekonferenz ungefähr dieselbe Rede gehalten, der vor drei Wochen beizuwohnen ich das zwiespältige Vergnügen hatte, und über die ich bei Telepolis berichtet habe. Damals sagte Schäuble

Beispielsweise entspricht die strikte Trennung zwischen Völkerrecht im Frieden und Völkerrecht im Krieg den neuen Bedrohungen nicht mehr. Und auch die Einordnung von Terroristen in das System des humanitären Völkerrechts, das von der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nicht–Kombattanten ausgeht, bereitet Schwierigkeiten.

Patrick Bahners analysiert in der FAZ von heute solche Rhetorik als "asymmetrische Wortkriegsführung":

Seine Interventionen versieht Schäuble regelmäßig nachträglich mit der Erläuterung, er habe keineswegs vorgeschlagen, geschweige denn gefordert, beispielsweise eine gesetzliche Ermächtigung für die gezielte Tötung von Terroristen zu schaffen. Er habe lediglich einen Denkanstoß geben wollen, was besser nicht unausgesprochen bleibe."

Exakt. In Berlin klang das so: "Ich versäume keine Gelegenheit, Debatten anzustoßen", auch "sensible" und "schwierige" - Schäuble, ein Kämpfer gegen Tabus, die allerdings niemals beschrieben werden. Man wird die Menschenrechte doch wohl noch kritisieren dürfen!

Sonntag, 18. November 2007

"Forschen und verwerten"

Übrigens ist vor einigen Tagen ein neuer Artikel von mir in der 'Jungen Welt' über Forschungspolitik und den Weltmarkt F&E erschienen.

Samstag, 17. November 2007

Spürt ihr sie auch, die Klassenschranke?

Vergangene Woche wurde in der FAZ eine Armbanduhr, ich wiederhole: eine Armbanduhr begutachtet (in meinem Lieblingsressort "Motor & Technik") und für ganz ok befunden. Im letzten Satz wurde der Preis erwähnt, 52 400 Euro nämlich.

In der Wochenendausgabe der Berliner Zeitung stand dann heute, daß in dem New Yorker Restaurant Serendipity 3 ein Dessert üblicherweise 25 000 US-Dollar kostet.

Donnerstag, 15. November 2007

"Ach, deutscher kann doch niemand sein"

Die FAZ berichtet heute über eine öffentlichen Diskussion über Mearsheimers und Walts Buch "Die Israellobby". Neben merkwürdigen Anmerkungen (Können Antisemiten urban sein?) findet sich in dem Text von Lorenz Jäger die folgende schöne Beobachtung:

Auch die 'Antideutschen' sind da und melden sich höflich zu Wort ... Antideutsch? Ach, deutscher kann ja kein Jüngling sein als dieser verträumte Blondschopf, auch nicht deutscher im international berüchtigten Sinn des Wortes: weltfremd eifernd.

Dienstag, 13. November 2007

Heute in Spandau

Es fühlt sich dort trist an wie nur irgendwo in Osteuropa. Aber sie bringen die Sache auf den Punkt:

Montag, 12. November 2007

Alte Männer, große Ohren

Dieser Post geht raus an alle Zweiflerinnen und Zweifler:

Schaut selbst:

Why Do Old Men Have Big Ears?

Samstag, 10. November 2007

Deutschland führt Krieg - merkt das jemand?

In der FAZ von heute ist zu lesen, daß "etwa 200 Soldaten" an einer NATO-Offensive in Nord-Afghanistan beteiligt waren. "Die Hauptphase der Operation hatte am 31. Oktober begonnen." Vor 10 Tagen also. Deutschland führt Krieg, und keiner kriegt's mit.

Freitag, 9. November 2007

Mediale Türsteher, damals wie heute

Arthur Koestler kam 1930 nach Berlin und begann, bei der liberalen Vossischen Zeitung zu arbeiten. Wie reagierten seine Kollegen, als die Weimarer Demokratie erodierte?


Jede Phase dieses Auflösungsprozesses spiegelte sich in der Meinungsfabrik, in der ich tätig war. Der Ton unserer Zeitung änderte sich merklich. In der Vossischen Zeitung erschien wöchentlich eine Spalte, die Meldungen über deutsche Minderheiten außerhalb der Reichsgrenze brachte. Nicht wenige von uns hörten damals das Wort „Sudentendeutsche“ zum ersten Mal. Es klang so hinterwäldlerisch, dass es zum ständigen Witz der Feuilletonredakteure wurde, zu sagen: „Du bist ein typischer Sudentendeutscher.“ Doch die Spalte war nicht als Witz gedacht. Sie war Ausdruck einer halb unbewussten Neuorientierung vom Kosmopolitismus weg zum Alldeutschtum.
Dem Westen gegenüber versteifte sich die Haltung zusehends. Wir hatten dem Versailler Vertrag immer eine kritische Haltung eingenommen, jetzt ging sachliche Kritik in selbstgerechte Anmaßung über. Die Leitartikel wurden gespreizt, patriotisch und provizlerisch. Es war nicht nötig, die Redakteure und Auslandskorrespondenten zu diesem Kurswechsel aufzufordern. Nachdem der Ton einmal angeschlagen war, passten sie sich an – instinktiv und automatisch. Hätte man ihnen vorgeworfen, dass sie ihren Standpunkt geändert haben, würden sie es entrüstet und überzeugt verneint haben.


(Als Zeuge der Zeit, Seite 109 f., Franfurt 2005)


Donnerstag, 8. November 2007

Ich jetzt also auch!

Wenn ich mein Leben ohnehin im Internet verbringe, kann ich euch ja wenigstens daran teilhaben lassen! Könnt ihr mich hören? (Wer jetzt nein sagt, verliert.)

Die neue Ausgabe des unsäglichen UNI –SPIEGEL hat übrigens folgenden Umschlag:











Daß so etwas für werbewirksam gehalten wird, sagt einiges über Redakteure wie Zielgruppe. Zieht euch ganz aus, macht euch zum Deppen und lacht so laut ihr könnt über die Witze auf eure Kosten. Aber die macht ihr ja selber!

(Diesen Plauder- und Besserwisserton muß ich wohl noch üben ...)