Das neue "Therapieunterbringungsgesetz" ist ein Etikettenschwindel. Weil der Europäische Gerichtshof die nachträgliche Sicherungsverwahrung, wie sie in Deutschland praktiziert wurde, kassiert hat, ist man auf den Ausweg verfallen, Straffälligkeit und Verbrechen unter das Etikett "psychisch gestört" zu fassen. Alle, von denen man eine Rückfallgefahr annimmt, werden für psychisch gestört erklärt: "Wir sperren die nicht ein, wir therapieren die!" Der Hintergrund ist, dass das Gericht die zwangsweise Unterbringung nur erlaubt, wenn die Betroffenen psychisch krank sind und therapiert werden. Für Straftaten ab dem 1. Januar 2011 ist die nachträgliche Verwahrung nicht mehr möglich, stattdessen die "Therapieunterbringung", die aber plus minus genau dasselbe ist. Dass es dabei ums Therapieren ginge, ist ein Teil dieses Etikettenschwindels. Dazu muss man wissen, dass viele derjenigen, für die dieses Gesetz gemacht wurde, schon drei, vier, fünf Therapien hinter sich haben! Man übersteht im Prinzip jede Therapie, bleibt nur die Frage, ob sie das Verhalten ändert. Die Idee ist völlig abwegig, fünfzigjährige Männer mit über zwanzig Jahren Knasterfahrung in einer therapeutischen Zauberwerkstatt umzukrempeln. Und alle wissen das, auch die politisch Verantwortlichen.
Samstag, 3. November 2012
"Im Prinzip übersteht man jede Therapie"
Ein neues Interview bei Telepolis. Ich habe mit dem forensischen Psychiater und seit kurzem Buchautor Hans-Ludwig Kröber über Sicherungsverwahrung, Therapierbarkeit und die Faszination am sogenannten Bösen gesprochen.