Psychopathen verfügen über das sogenannte „Kriegergen“. Menschen mit dieser Genvariante gehen schneller Risiken ein und können ihre Erfolgschancen besser abschätzen, sie reagieren außerdem impulsiver und aggressiver als Menschen, die dieses Gen nicht in sich tragen.In einem ausgezeichneten und interessanten Beitrag bei Wissenschaft im Brennpunkt / Deutschlandfunk war nun kurz gefasst zu hören, was mit solchen Behauptungen nicht in Ordnung ist. Der Beitrag "Schön alt" von Martina Keller beschäftigt sich eigentlich mit der gern gestellten Frage, warum manche von uns alt werden und die anderen nicht. Diese Frage wird bekanntlich auch aus genetischer Perspektive untersucht - weshalb er auch im Zusammenhang mit Psychopathologie interessant ist.
Hilger Ropers ist Facharzt für Humangenetik und seit 1984 Direktor des Max-Planck- Instituts für molekulare Genetik in Berlin. 13 Jahren ist es her, dass das erste menschliche Genom entschlüsselt wurde. Ropers weiß er um die Tücken der Interpretation. (...)Die Schwierigkeit einer gentischen Altersprognose besteht darin, dass Familienuntersuchungen beim sehr alten Menschen naturgemäß kaum durchführbar sind.
"Es hat sich eben in den letzten Jahren herausgestellt, dass alle diese Krankheiten nicht so einfach sich vererben. Es gibt also, anders als man gedacht hat oder jedenfalls behauptet hat, bevor man mit dieser Forschung begonnen hat, es gibt also keine Hauptgene für Alzheimer, und es gibt kein Hauptgen für Herzkreislaufkrankheiten, und es gibt schon lange kein Hauptgen für Krebs. Sondern alle diese Krankheiten zerfallen eigentlich, wenn man genau hinguckt und es genauer untersucht, in viele einzelne diskrete Krankheiten, die alle, wenn sie überhaupt genetisch verursacht sind, diskrete genetische Ursachen haben."
Schon so ein scheinbar simples Merkmal wie die Körpergröße wird mit mehr als 180 verschiedenen Genen in Verbindung gebracht. Eine so spezielle Krankheit wie Schizophrenie ist mit einer Vielzahl von Genveränderungen verbunden. Für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen hat man 71 Risikogene identifiziert.
Eine andere Methode sind epidemiologische Untersuchungen an Kranken und Gesunden, bei denen man im statistischen Vergleich nach Unterschieden in Basenpaaren sucht - besonders häufige Unterschiede könnten mit der Krankheit in Verbindung stehen. Solche Gen-Analysen hatte der Bostoner Forscher Tom Perls für die New England Centenarian Studie bei 800 Hochbetagten und einer Kontrollgruppe durchgeführt. Eine schwierige Aufgabe, wie sich herausstellte. Die erste Veröffentlichung im Jahr 2010 musste Perl zurückziehen. Die zweite, korrigierte Fassung 2012 ergab lediglich eine einzige Genveränderung, die klar mit dem hohen Lebensalter assoziiert war: Das sogenannte APOE-Gen sagt etwas über das Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Bei weiteren Genveränderungen war der Zusammenhang deutlich schwächer, im Bereich der statistischen Schwankung. Aber selbst wenn ein Mensch eine risikoreiche Variante des APOE-Gens besitzt, können zig andere Genvarianten dem APOE entgegenwirken. (...)Ja, und dann? Dann rät man den genetisch Auffälligen, das zu tun, was die genetisch Unauffälligen hoffentlich auch machen: gesund zu leben (was immer das bedeuten mag).
Hilger Ropers: "Dass man ein Medikament für Langlebigkeit entwickelt, daran glaub ich zunächst erst mal nicht. Ich bezweifele sogar sehr, ich bin jedenfalls sehr skeptisch, ob überhaupt hinterher ein Gen fassbar gemacht wird, was für sich eine Rolle spielt. Ich glaube eher, es wird so ausgehen, dass man feststellt, eine ganze Reihe von negativen Faktoren fehlen einfach bei den ganz alten Leuten. Ja, und dann?
Und was macht mit den Leuten, die angeblich mit einem "Psychopathenhirn" durchs Leben gehen? Hoffentlich dasselbe, was man auch denen ohne sagt: benehmt euch anständig.