Dienstag, 15. Oktober 2013

Internet-Unterricht wird zunehmend automatisiert

Gestern brachte Elektronische Welten / Deutschlandradio Kultur einen kurzen Beitrag von mir über den MOOC-Boom und die Versuche, den Unterricht zu automatisieren.

Mittlerweile sind im Netz Veranstaltungen aus jeder wissenschaftlichen Disziplin zu finden, die zehntausende, in manchen Fällen sogar hunderttausende Menschen nutzen. Wie viele es wirklich sind, scheint erst einmal keine Rolle zu spielen: Wegen des Skaleneffekts der Netztechnik kann ein Dozent beliebig viele Zuhörer unterrichten – ein unbegrenztes Rationalisierungspotential?

Auch die MOOCs leiden unter den alten Problemen von „Webinars“ und „E-Learning“: Diskussionen in kaum oder nur schlecht betreuten Foren verwirren mehr, als sie klären. Die überwiegende Mehrheit der Teilnehmer bricht vor der Prüfung ab. Um wirklich Arbeitszeit von Lehrkräften einzusparen, wäre eine Technik nötig, die nicht nur ihre Vorträge, sondern die Interaktion mit den Lernenden automatisiert – die Fragen beantworten, Hausaufgaben benoten, Sachverhalte erklären und Literaturhinweise geben kann. Genau deshalb werden nun verstärkt Maschinenlernen und autoamtsierte Analyse natürlich-sprachiger Eingaben eingesetzt.
Das Besondere an den intelligenten Tutorensystemen ist, dass sie sich auf ihre Nutzer einstellen. Sie sind "adaptiv", das heißt: Sie passen sich an den Menschen vor dem Bildschirm an, sie wählen für verschiedene Personen verschiedene Fragen und Hilfestellungen. Dazu müssen sie allerdings herausfinden, ob diese Person einen Lerninhalt verstanden hat oder nicht.
Johannes Heinlein von EdX: "Wir benutzen unterschiedliche Methoden. Lineare Aufgaben sind einfach. 2 + 2 ist gleich 4, ein Computer kann das problemlos beurteilen. Für freie Aufsätze haben wir jetzt ein Programm entwickelt, das mit künstlicher Intelligenz arbeitet. Mit dieser Technik können wir sogar Aufsätze überprüfen, die mehrere Seiten lang sind."
Das funktioniert mal mehr. mal weniger gut. Gemacht wird es aber in jedem Fall, weil die MOOC-Plattformen demnächst in einen harten Konkurrenzkampf gegeneinander eintreten werden.
Die automatisierte Bewertung soll das Lernen im Netz interaktiv machen. Der Computer kann unmittelbar auf die Eingaben der Nutzer reagieren, ihnen sagen, ob sie mit ihren Antworten richtig lagen - ohne, dass dazu Lehrkräfte nötig wären.
Heinlein: "Manche unserer Kurse haben über hunderttausend Teilnehmer, die meisten haben über zehntausend. Bei so vielen Studierenden ist das Korrigieren in Handarbeit einfach nicht möglich."
"Nicht möglich" meint in diesem Zusammenhang "nicht profitabel". Es geht in dem Radiostück also implizit um das Internet als Rationalisierungstechnik und Möglichkeit des Outsourcing und Offshoring, kurz: um die Ökonomie, Dummkopf.

Ich habe mir vorgenommen, bald etwas genauer und gehaltvoller über dieses Thema zu schreiben.