Samstag, 24. Oktober 2009
"Der Eintritt ist kostenlos"
Wir haben uns an Ausdrücke gewöhnt wie "Revolutionstheorie". Kürzlich begegnete mir sogar das Oxymoron "Punk-Kongress". Aber Jutta Ditfuhrt überbietet alle an Bescheidenheit: Sie lädt ein zum "Rebellionsgespräch".
Donnerstag, 22. Oktober 2009
Die Erforderlichkeit derartiger Kontrollen im Umfeld von islamischen Gebets-, Vereins- und Kulturstätten gründet sich insbesondere auf die Erkenntnis deutscher Sicherheitsbehörden, dass sich potenzielle islamistische Gewalttäter an bestimmten Treff- und Sammelpunkten aufhalten.
Sic! So erklärt die Landesregierung von Niedersachsen, warum die Polizei dort in regelmäßigen Abständen Massenkontrollen von Moschee-Besuchern durchführt. Potenzielle islamistische Gewalttäter halten sich allerdings - das ist eine Erkenntis von mir, die ich den Sicherheitsbehörden hiermit unentgeltlich zur Verfügung stelle - auch in Schwimmbädern, Taxis und Fußballstadien auf. Und in Friseursalons, Fabriken und Versicherungsbüros. Geht so "Terrorismusabwehr"? Mein Artikel zum Thema beim 'Freitag'.
Mittwoch, 21. Oktober 2009
Polizei und Informationstechnologie
Computer spielen in der alltäglichen Polizeiarbeit eine immer größere Rolle. Software-Firmen wie IBM oder SAP bieten den Ermittlungsbehörden spezielle Produkte an, die eine Fülle von Datenquellen auswerten sollen. Wie verändert Kommunikations- und Informationstechnik die Polizei? Mein Interview mit dem Sozialwissenschaftler Stephan Heinrich findet sich hier.
Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die gezielte Auswertung des Datenbergs die große Herausforderung ist, nicht die Schaffung des Datenbergs. Natürlich kann man jede Information speichern, weil sie irgendwann später einmal wichtig sein könnte. Aber das nutzt wenig, weil man mit noch so großen Datenmengen das Kriminalitätsverhalten – zumindest derzeit – nicht vorhersehen kann.
Sonntag, 18. Oktober 2009
Wem es noch nie etwas ausgemacht hat, in vielen Dingen nicht besonders gut zu sein, kann das hier noch besser und vor viel mehr Publikum vorführen. Also nicht wirklich fotographieren können, sondern nur ein Handy bedienen; über keine wirkliche Urteilskraft verfügen, sondern nur Fan von allem Möglichen sein; nicht wirklich schreiben können, sondern nur bloggen.
Gerald Wagner, Eine Soziologie des Facebook, FAZ am 14. 10.
Samstag, 17. Oktober 2009
Geopolitik als Wettervorhersage
Eine neue Buchbesprechung meinerseits, über "Der Kampf um die zweite Welt" von Parag Khanna:
Was ist und zu welchem Zweck betreiben wir Geopolitik? Khanna erklärt es mit einem Vergleich: „Anders als die Geschichtswissenschaft ist die Geopolitik eine Disziplin, die ausdrücklich mit dem Zweck zurückblickt, nach vorne zu blicken. Wenn internationale Beziehungen gleichsam die Meteorologie der laufenden Ereignisse ist, gleicht die Geopolitik der Klimatologie, der grundlegenden Wissenschaft von der Entwicklung der Weltordnung.“
Die Wissenschaften vom Wetter gleichen denen von der Herrschaft, ein schönes Bild: Die Zukunft ist ungewiss und täglich gibt es neue Vorhersagen.
(...) Kennzeichnend für das „geopolitische Genre“, in das dieses Buch gehört, sind starke Thesen mit historischer Tiefendimension – aber ohne theoretische Grundlage. Die Analytiker beschreiben Werden und Vergehen der Weltreiche und hantieren dabei mit unhinterfragten Begriffen: „Herrschaft“, „die Nation“, der „Weltmarkt“. Deshalb ähneln ihre Prognose noch mehr als der Wettervorhersage der Astrologie.
Montag, 12. Oktober 2009
Taugt die sogenannte elektronische Fußfessel (die bekanntlich gerade in Baden-Württemberg eingeführt wird) zur Rationalisierung - vulgo: Geld sparen - in der Strafjustiz? Eine interessante Meldung dazu kommt aus Österreich:
Justizministerin Claudia Bandion-Ortner weist darauf hin, dass nach jüngsten Gesamtberechnungen ein Fußfesseltag teurer komme als ein Tag in Haft (ein solcher wird mit Kosten von etwa 80 Euro angesetzt). Die Chance, dass die Fußfessel doch noch kommt, wird seitens des Ministeriums mit „50 zu 50“ angegeben. „Mir wäre es recht, wenn man Haftplätze durch den Einsatz der Fußfessel freibekommen würde“, sagt Claudia Bandion-Ortner zur „Presse“. Allerdings sei das zuletzt erprobte Modell eben „sehr betreuungsintensiv“ gewesen. Klar ist, dass der Einsatz von Fußfesseln (Electronic Monitoring) mit Kosten für das Überwachungspersonal, die eingesetzte Technik und den Einsatz von Sozialarbeitern verbunden ist. Nun gehe es, so die Ministerin, darum, „ein günstigeres Modell auszuarbeiten“.
Samstag, 10. Oktober 2009
Wie sieht ein Faschist aus?
Ein interessantes Interview mit Erich Fromm über die Psychoanalyse des Faschismus, klassisch freudo-marxistisch, theoretisch überholt? (Hier nur der erste von drei Teilen, bei Youtube gibt's den Rest...) Seelige Zeiten, als im öffentlich-rechtlichen Fernsehen solche Sendungen noch möglich waren!
Freitag, 9. Oktober 2009
Grenzen der sousveillance
So much for "Überwachung von unten": Zwei US-amerikanische Globalisierungskritiker sind zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, weil sie während der Proteste gegen den G20 - Gipfel in Pittsburgh Information aus dem Polizeifunk über Twitter weiterverbreitet haben.
Ein Interview mit einem der Verhafteten gibt es hier.
Ein Interview mit einem der Verhafteten gibt es hier.
Donnerstag, 8. Oktober 2009
"Spare me your politics!"
"Die Macht der Stars" ist kein gutes Buch. Es ist nicht nur voller Stilblüten, sein Grundgedanken wäre, in ein, zwei Sätzen zusammengefasst, wieder eine Stilblüte. Aber auch ungute Bücher wollen besprochen sein und ich habe es im 'Freitag' getan.
Wie sähe eine Welt aus, die von Bono regiert würde? Würde er Krieg führen gegen Bob Geldorf und Sting? Reichte der Regenwald bis vor die Haustür? Wäre der Dalai Lama Innenminister?
Mittwoch, 7. Oktober 2009
Elektronische Fußfessel für Schulschwänzer
Die dänische Regierung plant die Einführung elektronischer Fußfesseln für besonders widerspenstige und verhaltensauffällige Schüler. Laut der Kopenhagener Tageszeitung "Berlingske Tidende" will Justizminister Brian Mikkelsen dies als Teil eines Maßnahmenpakets gegen Jugendkriminalität ab der sechsten Schulstufe einführen, also im frühesten Fall für Zwölfjährige.Das berichtete gestern der Standard.
Die mit einem satellitengestützten Ortungssystem ausgerüstete, elektronische Fußfessel soll - gleichzeitig mit einem "Stubenarrest" solchen Schülern verpasst werden können, die starke Verhaltensprobleme haben und wiederholt gegen bestimmte davor erteilte "Auflagen" verstoßen haben.
Ist das noch function creep oder schon ein Fall von "Hey, wir haben da diese großartige Technik, was machen wir eigentlich damit?"? Ich kenne mich mit dänischer Politik gar nicht aus - sind solche Ankündigungen ernstzunehmen? Wenn ja, hat irgendjemand über die stigmatisierende Wirkung der Fessel nachgedacht?
Leistungsschutzrechte für Presseverlage?
Matthias Spielkamp beschreibt in message, wie die großen Verlage Druck aufbauen, um das Urheberrecht (mal wieder) umzubauen.
Einer extremen, aber durchaus möglichen juristischen Intepretation zufolge hieße das: auch das Setzen eines Links kann der Verlag untersagen - beziehungsweise sich bezahlen lassen.
Wie genau das Leistungsschutzrecht aussehen soll, ist mehr als ein halbes Jahr später immer noch völlig unklar. Auf Nachfrage von Message, wie es in der Praxis aussehen kann, sagt Christoph Keese: Wir treten im Moment für ein Leistungsschutzrecht ein. Dieses Recht liegt dann beim Verlag. Der Verlag kann dann entscheiden, was er damit machen will, etwa indem er sagt: 'Wir möchten, dass unsere Inhalte kostenlos zur Verfügung stehen.' Genauso könnte er sagen: 'Wir möchten die Rechte an der gewerblichen Nutzung kostenpflichtig machen.' "
Einer extremen, aber durchaus möglichen juristischen Intepretation zufolge hieße das: auch das Setzen eines Links kann der Verlag untersagen - beziehungsweise sich bezahlen lassen.
Dienstag, 6. Oktober 2009
"Für das Geld den Scheiß auch noch lesen?"
In der WOZ empört sich Andreas Simmen über einen Kollegen, der offenbar eine regelrechte Rezensions-Manufaktur betreibt.
Eine Suche im Online-Archiv des ND ergibt über 100 Treffer in den vergangenen drei Jahren - eine beeindrucker Textausstoß.
Er schreibt für elektronische und gedruckte Medien im deutschen Sprachraum, manchmal unter verschiedenen Namen. So publiziert er seine Kritiken im linken «Neuen Deutschland» (ND) als Benjamin Jakob und dann dasselbe als Uwe Stolzmann in der «Neuen Zürcher Zeitung» (NZZ).
Eine Suche im Online-Archiv des ND ergibt über 100 Treffer in den vergangenen drei Jahren - eine beeindrucker Textausstoß.
Montag, 5. Oktober 2009
"Kriminellen auf Augenhöhe begegnen"
Die TAZ hat die Wunschliste aus dem Innenministerium, die kurz vor der Wahl der Süddeutschen zugespielt wurde, als PDF ins Netz gestellt.
Die Liste enthält ziemlich alles, was in den vergangenen Jahren irgendeinem CDU-Politiker zur sogenannten Inneren Sicherheit eingefallen ist, samt Eingriffsrechte für den VErfassungsschutz, Bundeswehreinsatz im Inneren, usw. usf.
Den letzten Punkt aber verstehe ich wirklich nicht. Unter der Überschrift
Die Liste enthält ziemlich alles, was in den vergangenen Jahren irgendeinem CDU-Politiker zur sogenannten Inneren Sicherheit eingefallen ist, samt Eingriffsrechte für den VErfassungsschutz, Bundeswehreinsatz im Inneren, usw. usf.
Den letzten Punkt aber verstehe ich wirklich nicht. Unter der Überschrift
1.5 Staatsgefährdende Wirtschaftsgefährdung unter Strafe stellenheißt es, dass die Weltwirtschaftskrise ganz, ganz schlimm ist und sich auf keinen Fall wiederholen darf, um daraus zu folgern:
Dazu gehört auch die Erkenntnis, dass vorsätzliches, eine solche Krise auslösendes bzw. sie begünstigendes Fehlverhalten nicht nur moralisch verwerfliches, sondern auch strafwürdiges Unrecht ist.Krisentheoretiker im Innenministerium - was haben sie sich gedacht? Was in aller Welt ist "vorsätzliches, eine solche Krise auslösendes bzw. sie begünstigendes Fehlverhalten"?
Samstag, 3. Oktober 2009
"Labours Untergang"
In der NZZ ist ein ausgezeichneter Artikel über die Labour-Parteikonferenz in Brighton, in dem nicht nur berichtet wird, dass der BBC-Moderator Andrew Marr letzten Sonntag den Premierminister in einem Interview gefragt hat, ob er gerade Medikamente einnehmen muss, sondern der diesen Vorgang auch folgendermaßen analysiert:
Exakt. Allerdings fragte Marr nicht nach Aufputschmitteln, sondern nach "prescription painkillers and pills to help them get through".
Schon am ersten Kongresstag sorgte die unverblümte Frage eines Fernsehmoderators an Brown, ob er Aufputschmittel nehme und ob er überhaupt gesund genug für eine weitere Amtsperiode sei, für einen Sturm der Entrüstung in der Partei. Dass der bekannte BBC-Moderator den Affront wagte, zeigte nur, dass er offensichtlich nicht mehr davon ausgeht, auf die Gunst des Premierministers angewiesen zu sein. Die britische Regierung versorgt nationale Journalisten gezielt mit Informationen und pflegt damit ein übliches Geflecht gegenseitiger Abhängigkeiten.
Exakt. Allerdings fragte Marr nicht nach Aufputschmitteln, sondern nach "prescription painkillers and pills to help them get through".
Donnerstag, 1. Oktober 2009
"Entstehung und Abwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache"
Wie konnte die These von der "Hirnstoffwechselstörung Depression" zu einer Wahrheit werden, die öffentlich zu bezweifeln Mut erfordert? Sie konnte es, weil sie (fast) allen Beteiligten gut in den Kram passte: Kranken, Ärzten und vor allem der Pharmaindustrie.Meine Rezension von Irving Kirschs "The Emperor's New Drugs" ist bei Telepolis erschienen.
Wer viel, viel, ganz viel Zeit hat, dem empfehle ich, mal ins Diskussionsforum zu schauen und dann angesichts des versammelten Unverstands kräftig die Hände überm Kopf zusammenzuschlagen.
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