Was mit solchen Experimenten und Prototypen dann geschieht und wie die Wertschöpfung weitergeht, das zeigt die Munich Creative Bussinnes Week: Mit dem Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst hat die MCBW eine einmalige Location für die Sonderausstellung „mcbw momente – Denkräume für Design“ gewonnen. Tatsächlich ein fulminanter Ort: der Museums-Neubau im Münchner Kunstareal gegenüber der Alten Pinakothek. Hier zieht demnächst die Ägyptische Sammlung ein. Bedeutungsaufladung pur und perfekter Imagetransfer: Der verstaubte Werber-Trick mit nackter Dame auf Kühlerhaube in der gehobenen Variante: Die Aura der großen Meister und die ewig gültigen Werte staatlich finanzierter Museen sollen überspringen! Die Pharaonen haben ihr neues Quartier noch nicht bezogen und können sich deshalb im Sarkophag nicht umdrehen, wenn im zukünftigen Saal für „Religion“ sinnigerweise Leuchten und im Raum mit dem Titel „Nach den Pharaonen“ afrikanische Kunst aus Zivilisationsabfall gezeigt wird. Ich bekomme einen Bleistift für „unverkrampftes Malen“ geschenkt, der irgendwie den Kindern und der Umwelt zuliebe ist. Und schlendere dann durch die Dauer-Muzak -Berieselung an Designer-Badewannen vorbei, fast halb so groß wie eine Sozialwohnung, bis ich den Werbeständer erreiche: „Bunt, schrill, laut und kreativ sollen sie sein, die neuen Styles für die Sofapop-Generation“.Die Audiodatei müsste sich auch noch irgendwo im Netz finden lassen. Besonders gefällt mir, wie Homann am Beispiel Münchens die unbequemen Lebens- und Arbeitsbedingungen der meisten Kulturarbeiter beschreibt und schließlich einen Bogen zum Urheberrecht schlägt - die Grundlage, auf der die "Rechteindustrie" die Arbeit der "Kreativen" in Wert setzen kann.
Nicht überzeugt bin ich von der sozialtheoretischen Grundlage, die eben die gängige post-operaistische ist: im "kognitiven Kapitalismus" soll "Wissen zur wichtigsten Ressource" werden und "also Steinkohle oder ungelernte Arbeitskräfte" ablösen. Ich glaube, dass die vemeintlich zentrale Stellung der "Kulturarbeiter" nicht in ihrer irgendwie außerordentlichen (Kapital-)Produktivität liegt - sondern darin, dass Künstler seit dem Entstehen der Bohème für ihre Armut und Prekarität mit Freiräumen der "Selbstverwirklichung" entschädigt werden - und dieses Schicksal trifft dass heute eben immer mehr Menschen, die ihren Lebensunterhalt mit Medien-, Kultur- oder auch Sozialarbeit zu verdienen versuchen. Dass Armut der angemessene Preis für "Kreativität" sein soll, diese Haltung wirkt auf mich in vielen Fällen wie Selbstbetrug.