Monatelang - in einigen bedauernswerten Fällen jahrelang! - haben wir gelesen, gegrübelt und formuliert, sind verweifelt, um dann schließlich - was? Die erste richtige "Forschungsarbeit" und in der Regel auch die letzte, eine Note und ein Zeugnis und jetzt ab ins Berufsleben! Nun soll ich erklären, worum es eigentlich damals ging in meinem Werk, welche "Forschungsfrage" ich "beantwortet" habe und das auch noch, ohne den Gegenüber allzusehr zu langweilen.
Eine amerikanische Internetseite mit dem hübschen Namen LOL My Thesis präsentiert die denkbar knappsten Zusammenfassungen von akademischen Abschlussarbeiten, und die klingen dann mächtig lustig. Die Einsender sind nämlich zur Selbstironie fähig und zwischen dem pompös-akademischen Titel und dem Erkenntnisgewinn klafft eine Welt.
I wanted to watch Firefly and call it research.Und so weiter. Allein die schiere Masse der Einsendungen ist beeindruckend und einen Besuch wert. Sie entspricht der Flut der Absolventen. Teilweise sind die Formulierungen kokett, oft spricht aus ihnen die Frustration über die akademischen Rituale. Meine eigene Magisterarbeit ließe sich übrigens ungefähr so zusammenfassen:
History, SUNY Oneonta
"Frederick Jackson Turner’s Frontier Thesis and its Lasting Effect on Modern Science Fiction"
A tightfisted foreign government rejects my pleas for data, so instead I use game theory to feign substance.
Economics and International Business, Villanova University
Rats don’t gamble well when you partially de-brain them.
Cognitive Neuroscience, Boston University
Mock Trial Is Sexist and Lawyers are Sexist and Judges are Sexist and SMASH THE PATRIARCHY!!
Gender & Women’s Studies/Politics (emphasis in Legal Studies), Scripps College
"Mocking Equality: Reproduction of Gender Hierarchy in Collegiate Mock Trial"
I read fanfiction for a whole semester and all I got was this massive essay.
English, St. Olaf College
"Fiction and the Fan: A Study of Archontic Literature and Its Relation to New Media Literacy"
...
Boulevardzeitung sind witzig, aber der Witz geht auf Kosten des Proletariats - und damit auf Losten ihrer eigenen Leser.
Goldsmiths, University of London
"The Carnevalesque and English Tabloids - An Analysis of Two Recent Campaigns"
Woher kommt dieser komische Effekt - liegt es daran, dass auch mühsam erlangte Erkenntniss oft erstaunlich banal wirken - hinterher? Oder daran, dass unser Universitätsabschluss kaum mehr ist als ein Übergangsritual, eine einsame Arbeit ohne inhaltliche Bedeutung und gesellschaftlichen Zweck?