Sonntag, 4. Dezember 2011

"Ein globaler Überwachungssupermarkt"


Mehr Werbematerial der international tätigen Überwachungsindustrie hat Wikileaks veröffentlicht. Auf der hübsch als Weltkarte aufgemachten Seite The Spy Files lassen sich Vorträge und Broschüren der Hersteller anschauen. Der New Scientist charakterisiert die Branche treffend als "globalen Überwachungssupermarkt".

Die Umrisse der Veröffentlichung: Insgesamt 287 Dokumente von 160 Firmen aus 21 Staaten; darunter vor allem Broschüren, Vorträge, ein Video, ein Vertrag und eine Preisliste. Es geht um Spracherkennung, Trojaner, Standortbestimmungen mit GPS und Telekommunikationsüberwachung aller Art. Eine alphabetische Liste der Unternehmen findet sich hier bei den britischen Datenschützern von Privacy International. Ich werde mir das Material in den nächsten Tagen mal zu Gemüte führen.

Auf Spiegel-Online nörgelt übrigens Christian Stöcker, das alles sei ja gar nicht richtig geheim:
Alles in allem scheinen die "Spy Files" für eine neue Ausrichtung des einstigen Enthüllungsportals WikiLeaks zu stehen: Sie sind mehr Stoffsammlung und Datenbank denn tatsächliche Enthüllung bislang geheimer Informationen. Für Fachleute ist das vermutlich nützlich, für das eine oder andere der bloßgestellten Unternehmen unangenehm - und sei es nur, weil vertrauliche technische Unterlagen nun auch den Mitbewerbern in diesem schattigen Markt zugänglich sind. Dass diese Branche jedoch existiert, ist alles andere als geheim. WikiLeaks wird mit dieser Zusammenstellung also von der Enthüllungs- zur Kampagnenplattform.
Ich finde diese Kritik ziemlich selbstgerecht. Wikileaks abzufertigen liegt ja im Trend und ist ziemlich billig. Abgesehen davon, dass auch solche "semi-geheimen" Werbebroschüren nicht einfach zu kriegen sind - warum eigentlich gräbt Spiegel-Online nicht selbst einmal eines dieser Programme aus? Etwa um herauszufinden, ob die sich (wenigstens!) im gesetzlichen Rahmen bewegen - statt darauf zu warten, dass jemand den Journalisten die Enthüllungen auf einem Silbertablett serviert. Warum recherchiert ihr nicht mal, welche Behörden, von Deutschland bis Saudi-Arabien, diesen Kram benutzen? Und zu welchen Zwecken? An die Arbeit, "investigative Journalisten", ich bin gespannt, was ihr ermitteln werdet ...



Diese italieninische Firma für "ethisches Hacken" wirbt für ihren Staatstrojaner - mit dem Hinweis, dass man das Mikrophon des gehackten Computers benutzen kann, um eben mal die Wohnung akustisch zu überwachen (2:05)!