Freitag, 26. Dezember 2014

Das Kapital wird in seiner praktischen Bewegung durch die Aussicht auf zukünftige Verfaulung der Menschheit und schließlich doch unaufhaltsame Entvölkerung so wenig und so viel bestimmt als durch den möglichen Fall der Erde in die Sonne.

Karl Marx, Kapital I, MEW 23, Seite 285.

2015, wir kommen!

Dienstag, 23. Dezember 2014

"Zu falsch-negativen Befunden gibt es keine Angaben"

Hildegard Kaulen von der FAZ hat sich vor zwei Tagen dankenswerterweise dem Hautkrebs-Screening in Deutschland angenommen. Die "Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs" wurde mit Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses November 2007 eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen. Versicherte ab 35 Jahren können es seitdem alle zwei Jahre in Anspruch nehmen. Etwa 15 Millionen Menschen lassen ihre Haut von einem Haus- oder Hautarzt untersuchen. Das Programm kostet "mehrere Millionen im Jahr".

Gesundheitspolitische Laien mag überraschen, wie so was läuft. Im Gemeinsamen Bundesausschuss verhandeln die Verbände der Ärzte, Krankenhäuser und Krankenkassen, was medizinisch sinnvoll ist und daher bezahlt wird. Aber irgendwie wurde in diesem Fall total vergessen, zu untersuchen, ob das ganze überhaupt funktioniert. Die geplante Begleitforschung jedenfalls war von vornherein ungeeignet.

Das Hautkrebs-Screening ist mit der Erwartung eingeführt worden, dass schwarzer Hautkrebs früher entdeckt wird, dass in der Frühphase bessere Überlebenschancen bestehen und dass die Melanom-Sterblichkeit in der Bundesrepublik zurückgehen wird. Außerdem sollte jede Art von früh entdecktem Hautkrebs schonender und vielleicht sogar kostengünstiger behandelt werden. Angesichts dieser Erwartungen wäre die Erfassung von harten Endpunkten, wie dem Rückgang der Melanom-Mortalität, angezeigt. Eine solche Bewertung ist aber von Anfang an nicht vorgesehen gewesen.
Das ist nur eine der vielen Merkwürdigkeiten, von denen Kaulen berichtet. Fazit:
Es gibt keine einzige kontrollierte randomisierte Studie, die den Nutzen des Hautkrebs-Screenings eindeutig belegt. ... Es ist dringend an der Zeit, das bundesdeutsche Hautkrebs-Screening auf den Prüfstand zu stellen.
Eine medizinsche Behandlung wird auf die Bevölkerung losgelassen, obwohl niemand weiß, wie sie wirkt? Von den vielen, vielen Problemen der gesundheitlichen Vorbeugung ist diese die banalste: Wenn für Untersuchungen bezahlt wird, wird mehr untersucht. In meinem Buch Mythos Vorbeugung erzähle ich die klassische Geschichte zu dieser Problematik.
Die American Child Health Association war eine Wohltätigkeitsorganisation, die mit Spenden reicher Philanthropen gut ausgestattet war. Ihr Ziel war die Förderung der Gesundheit Heranwachsender. Auch damals schon wurden entzündete und vergrößerte Gaumenmandeln in bestimmten Fällen herausgeschnitten. Die „Amerikanische Vereinigung für Kindergesundheit“ wollte sicherstellen, dass wirklich alle Kinder operiert würden, denen dies nutzen würde. Um den Bedarf zu ermitteln, rekrutierten sie im Jahr 1934 1000 New Yorker Schulkinder mit einem Zufallsverfahren. Bei 611 von ihnen waren die Gaumenmandeln bereits zuvor entfernt worden.

Weil der Verein sicherstellen wollte, dass keine nötigen Operationen ausgeblieben waren, schickte er die übrigen Kinder zu einer erneuten Untersuchung bei Schulärzten. Diese hielten eine Operation bei 174 von 389 Kindern für nötig. Um nun ganz sicher zu gehen, organisierte die Vereinigung abermals eine Untersuchung für die Übriggebliebenen; wieder fanden sich in der auf 215 Kinder geschrumpften Gruppe 99 bisher übersehene operationsbedürftige Fälle. Nach einer weiteren Untersuchungen blieben nur 65 Kinder mit offenbar bemerkenswert robusten Gaumenmandeln übrig. Leider wurde die Studie an dieser Stelle abgebrochen. Die Rate der positiven Diagnosen lag bei der ersten Untersuchung bei 60 Prozent und pendelte bei den drei folgenden um 45 Prozent.

Freitag, 19. Dezember 2014

Mittwoch, 17. Dezember 2014

Das Präventionsgesetz kommt - kommt das Präventionsgesetz?

Kurz meldete sich die gesundheitspolitische Rest-Vernunft zu Wort, aber vergeblich: Das Präventionsgesetz kommt - oder doch nicht?
Der CDU-Gesundheitspolitiker Michael Hennrich sagt unserer Zeitung, dass er „ganz froh darüber war, dass die parlamentarischen Anläufe in der Vergangenheit immer gescheitert sind“. Sein Argument: „Hier werden Gelder der Versicherten eingesetzt, die an anderer Stelle in der Versorgung fehlen“. Es sei „ein falsches Signal, wenn es Sportkurse künftig auf Rezept geben soll, uns aber dann etwa Mittel fehlen, um Familien zu entlasten, deren Kinder an Neurodermitis erkrankt sind“.
Skeptisch ist auch die gesundheitliche Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis. Sie mahnt, „dass hier nicht nach dem Gießkannen-Prinzip Mittel für das fünfte Faltblatt zum Thema ,Beweg dich mal’ ausgegeben werden dürfen“. Außerdem seidie Förderung von der Gesundheit zuträglichen Bedingungen in Schule, Arbeitsplatz und Wohngegend „eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, sollte also aus dem Steuertopf finanziert werden. Das gelte aber in ganze besonderen Maße für die Mittel, die die Bundeszentrale aus Versichertenbeiträgen erhalte. Mattheis kann sich ganz gut vorstellen, „dass das eines der Gesetze wird, die wir in der großen Koalition nicht gemeinsam hinkriegen.“
berichtete heute morgen die Stuttgarter Zeitung.
Der Artikel enthält übrigens ein, zwei missverständliche Formulierungen.

Montag, 15. Dezember 2014

Zweifel am Präventionsgesetz

Gestern Abend brachte der Deutschlandfunk einen Hintergrund-Beitrag von mir über das neue Präventionsgesetz - bei Interesse einfach mal reinlesen oder reinhören, bevor die Audio-Datei ins öffentlich-rechtliche Nirvana verschwindet.
By way of Fazit:
Das grundsätzliche Problem bei der gesundheitlichen Prävention besteht darin, dass zusätzliche Anstrengungen und Untersuchungen den Gesundheitsbewussten wenig bringen. Bei denjenigen, die sich tatsächlich eindeutig gesundheitsschädlich verhalten, zum Beispiel rauchen, wirken Appelle oder Anreize aber in der Regel nicht – übrigens auch dann nicht, wenn diese Anreize und Appelle in den Lebenswelten stattfinden, wo sie sich aufhalten.

Obwohl einige Fachleute von der Prävention inzwischen recht ernüchtert sind, wird das Präventionsgesetz diesmal sehr wahrscheinlich durchkommen. Für die Vorbeugung wird viel Geld in die Hand genommen. Dafür seien aber unter Umständen "mittel- bis langfristig erhebliche Einsparungen durch die Vermeidung von Krankheits- und Krankheitsfolgekosten" möglich, heißt es in dem Gesetzentwurf. Ob aber die "Investition in die Prävention" sich auszahlen wird, bezweifeln gerade Gesundheitswissenschaftler.

Mittlerweile habe ich mich so lange und intensiv mit dem Versuch der Krankheitsverhinderung beschäftigt, dass es mir manchmal schwer fällt, die Ebenen der Kritik auseinander zu halten. Wie bei allen bevölkerungspolitischen Maßnahmen bin ich nicht so sicher: Will ich, dass sie erfolgreich sind - auch wenn sich so das Rad der "Selbstoptimierung" und Ausbeutung weiterdreht - oder dass sie scheitern - auch wenn das mehr Morbidität und Mortalität bedeutet?

Samstag, 6. Dezember 2014

Mutter anno 1983. "Das ist voll gut. Das ist besser, wenn du das so spielst!" - "Was hab ich denn gespielt?" - großartig! Die deutschen Sonic Youth, aber nicht mal halb so kitschig. Teutonisch irgendwie, trotzdem gut.

Freitag, 5. Dezember 2014

Dienstag, 2. Dezember 2014

Juden und Palästinenser in Berlin

Am vergangenen Sonntag sendete RBB Kulturradio mein Feature "Naher Osten - Feindbilder und Freundschaften jüdischer und muslimischer Berliner". Auf der Seite des RBB lässt sich das Stück immer noch anhören.

Es handelt von Re-Ethnisierung, Ethnozentrismus, von ausgedachten Wurzeln und davon, dass die Perspektive der Einwanderer mit der mehrheitsdeutschen Erinnerungspolitik wenig zu tun hat.

Konflikte im Nahen Osten, auf dem Balkan, in Afghanistan oder Zentralafrika werden von vielen muslimischen Jugendlichen als Beleg für eine einseitige Politik des "Westens" gegenüber Muslimen weltweit verstanden ... Der Konflikt zwischen Israel und Palästina dient dabei darüber hinaus als Metapher für Ungerechtigkeiten, von denen sich muslimische Jugendliche auch in Deutschland betroffen fühlen.
schreibt kenntnisreich Götz Nordbruch. Diese Weltsicht, von der mein Feature auch handelt, ist verblendet und dumm. In Wirklichkeit führt nicht "der Westen" einen Krieg gegen die Muslime. Aber, stellt Nordbruch sehr richtig fest:
Ein solches Gefühl speist sich nicht allein aus einer Opferideologie, in der die eigene Gemeinschaft mit Verweis auf Rassismus und Diskriminierungen zusammengehalten wird. Es spiegelt vielmehr auch reale Erfahrungen wider, die junge Muslime und Jugendliche mit türkischen oder arabischen Migrationshintergrund im Alltag sammeln. Ebenso wichtig wie persönliche Erfahrungen mit Vorbehalten und Anfeindungen sind die Auswirkungen eines gesellschaftlichen Diskurses, in dem "der" Islam und "die" Muslime immer noch in weiten Teilen als fremd und nicht zugehörig gelten.
Passend dazu, geradezu wie bestellt, berichtete gestern das Institut für empirische Intergrations- und Migrationsforschung die Ergebnisse einer großen repräsentativen Befragung über die jüngsten Formwandlungen des deutschen Nationalismus:
Die Bevölkerung in Deutschland hat ein positives Selbstbild und identifiziert sich stark mit ihrem Land. Je stärker jedoch die Identifikation, desto größer ist auch das Potenzial zum Ausschluss, was am Beispiel der Einstellungen gegenüber Musliminnen und Muslimen deutlich wird.
Not so funny fact: Mehr als jeder dritte glaubt, dass eine muslimische Frau, die ein Kopftuch trägt, keine Deutsche sein könne.

Donnerstag, 27. November 2014

"Streitschrift gegen die Privatisierungstendenzen im Gesundheitswesen"

Peter Nowak bespricht "Mythos Vorbeugung" im Neuen Deutschland (Paywall).
Für die meisten gesundheitlichen Probleme in der Gesellschaft sei eher die Ungleichheit verantwortlich. Sie zu überwinden sei demnach die beste Vorbeugung. Auch diese Erkenntnis ist keineswegs neu, wie Becker am Beispiel des Mediziners und Sozialpolitikers Rudolf Virchow zeigt. Als Teil einer Expertenkommission besuchte er 1848 das von einer schweren Epidemie betroffene Oberschlesien und fand dort Menschen in unbeschreiblicher Armut und katastrophalen hygienischen Verhältnissen. Virchow merkte schnell, dass er sich mit sozialen Bestrebungen in der preußischen Feudalgesellschaft Feinde machte und konzentrierte sich ganz auf seine medizinische Arbeit. Becker zeigt auf, dass gerade im Zuge der Krise in Ländern wie Griechenland und Spanien Krankheiten, die bisher als beherrschbar galten, wieder eine tödliche Gefahr vor allem für arme Menschen werden. Sein gut lesbares, informatives Buch ist auch eine Streitschrift gegen die Privatisierungstendenzen im Gesundheitswesen.

Freitag, 21. November 2014

Für die Balkanisierung der deutschen Parteienfinanzierung

Norbert Lammert, der lustige Präsident des Bundestages, will der lustigen Partei Alternative für Deutschland ihren Goldhandel verbieten:
Dass die von der AfD betriebenen Handelsgeschäfte zur Erhöhung der staatlichen Zuschüsse an die Partei führen, widerspricht nach seiner Auffassung dem verfassungsrechtlichen Grundgedanken, dass Parteien sich zu einem Anteil von mindestens 50 Prozent selbst finanzieren müssen, worin sich - einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts folgend - die hinreichende gesellschaftliche Verwurzelung von auch staatlich geförderten Parteien abbilden soll. Eine gesellschaftliche Verwurzelung werde durch den Handel mit Gold aber sicherlich nicht dokumentiert.
Die Summe, die eine Partei erhält, richtet sich nämlich nicht nur nach der Zahl der erreichten Wählerstimmen, sondern auch nach den Spenden, die sie einwirbt. Je mehr Geld die Partei einnimmt, umso mehr Steuergelder bekommt sie dazu - wer hat, dem wird gegeben! Lammert stört nun nicht etwa dieses merkwürdige System, sondern nur, dass die Rechtskonkurrentin AfD eine lukrative Einnahmequelle aufgetan hat (und über eine spendenwillige und finanzstarke Anhängerschaft verfügt).

Nur schad wär's schon, sollte der AfD der Goldhandel verboten werden. Ich hatte gehofft, ihr Beispiel würde Schule machen: Die Linke könnte die Ost-Mark vertreiben, die CSU den Bayrischen Taler und die mittlerweile virtuelle FDP Bitcoins.

Dienstag, 18. November 2014

"Mythos Vorbeugung" - Die ersten Besprechungen trudeln ein

Lisa Mayr bespricht "Mythos Vorbeugung" im Standard, sehr gründlich und wohlwollend.
Becker verknüpft in seinem profund recherchierten und faktenreichen Band die historische Entwicklung der Sozialmedizin mit neuesten Studienergebnissen zum Einfluss von Prävention und sozialer Herkunft auf die Gesundheit. Der Text ist übervoll von interessanten Details und ist streckenweise fast zu dicht geraten.
Der Autor erklärt, warum schwierige Lebensumstände krank machen: Weil Prekarität und die fehlende Möglichkeit, Belastungen abzubauen, zu chronischem Stress führen. Der wiederum behindert die Immunantwort im Körper und kann chronische Krankheiten begünstigen. Bronchitis, Bluthochdruck, Magenkrebs – fast alle Krankheiten sind in der untersten Einkommensgruppe doppelt bis dreimal so häufig wie in der obersten.
"Besonders schädlich sind permanente Besorgnis, kein Nachlassen der Anforderungen, keine Erfolgserlebnisse und Gefühle von Machtlosigkeit", schreibt Becker. Existenzieller Stress und die Möglichkeit zu seiner Bewältigung sind in der Bevölkerung aber höchst ungleich verteilt: Der soziale Unterschied findet sich bei praktisch allen Erkrankungen
In der Wochenzeitung hat letzte Woche Jutta Blume mein Buch rezensiert (Paywall).
In seinem Buch «Mythos Vorbeugung» zeigt Matthias Martin Becker, wie es zum vorherrschenden Prinzip der Prävention in der Medizin kam, was dieser Ansatz wirklich zu leisten vermag und zu welchen blinden Flecken er führt. Letztere sind gross, da die Vorbeugung stets beim Individuum, nicht aber bei der Gesellschaft ansetzt.

Mittwoch, 12. November 2014

Der Boulevard, ja der Boulevard, der ist breit. Da kann der Spaziergänger schon einmal die (politische) Orientierung verlieren.

Wie gut, dass web.de ganz große Schilder aufstellt, die den Lesern sagen, was sie zu denken und fühlen haben!

Montag, 27. Oktober 2014

Von Medizin und Moral

Am Samstag ist bei Telepolis ein (recht kurzer) Auszug aus meinem Buch Mythos Vorbeugung erschienen.
Dick zu sein, das stand traditionell für »Maßlosigkeit und Sünde, Müßiggang und Laster«, stellt Christoph Klotter fest. Der Protestantismus verschärfte die überlieferte Abneigung gegen die Dicken noch einmal, weil er (moralische) Eigenleistung und Askese zur Glaubenspflicht machte. Das Stigma traf allerdings selten die Wohlhabenden und Mächtigen, denn deren Fleiß und wirtschaftliche Produktivität schienen außer Frage zu stehen.

Seit dem Zweiten Weltkrieg konnten in Mitteleuropa und Nordamerika auch die unteren Schichten ausreichend Kalorien bekommen. Nun wandelte der dicke Bauch seine soziale Bedeutung. Seitdem steht Fettleibigkeit stellvertretend für die Armen und Ausgegrenzten, für angeblich überflüssige und maßlose Esser. Ausdrücke wie »sitzende Lebensweise« und »exzessive Kalorienaufnahme« sind dafür quasi-medizinische Chiffren. Der Kampf gegen die Fettleibigkeit speist sich aus Vorurteilen über die Ernährungs- und Lebensgewohnheiten der unteren Klassen.

...

Dienstag, 21. Oktober 2014

Grenzen der grundsätzlichen Laxheit in Fragen des geistigen Eigentums

Hier ist meine:
Es fühlt sich seltsam an, wenn das eigene Buch im Netz verramscht wird. Jetzt könnte ich auch dieses Klagelied anstimmen. Es handelt davon, wie wenig Autoren kritischer Sachbücher verdienen. Wie schnell die kulturelle Debatte veröden wird, wenn sich für die Textarbeiter das Texte herstellen nicht mehr lohnt. Wie ungerecht das ist.

Ich glaube, ich lass es lieber. Es gibt Schlimmeres.

Nur eines, liebe Leser, versucht besser nicht, bei der genannten Seite "Mythos Vorbeugung" herunterzuladen, denn die wollen bloß eure personenbezogenen Daten und auf eure Festplatten.

Mittwoch, 1. Oktober 2014

Seuchen lassen das Schlechteste in den Menschen hervorbrechen, die niedrigsten Instinkte. In Seuchen wird der Mitmensch gefährlich, wird ausgegrenzt. Wenn das Leben durch eine ansteckende Krankheit auf dem Spiel steht, geht die Vernunft unter und der Ellbogen wird ausgefahren.

Aber in Deutschland, bei den Online-Redakteuren von web.de, da muss nicht einmal Gefahr bestehen, um an die niedrigsten Instinkte zu appellieren:

Mittwoch, 24. September 2014

Zu den Quellen der Gesundheit vorstoßen?

Lässt sich Krankheit durch gesundes Leben verhindern? Was hält uns überhaupt gesund, was macht uns krank? Seit gestern ist mein neues Buch zum Thema in allen gut sortierten Buchläden erhältlich.


Mein Buch beschreibt die Entstehung des Präventionsgedankens als Teil der staatlichen Bevölkerungspolitik, Sinn und Unsinn der medizinischen Vorbeugung und die stete Ausweitung eines medizinischen Blicks auf den eigenen Körper - unter anderem.
Gerade hat TED Talks einen interessanten Vortrag von Rishi Manchanda veröffentlicht, der sich um eine ähnliche Frage dreht.



Der Stil von TED Vorträgen ist gewöhnungsbedürftig und Manchandas Rhetorik ist mir persönlich zu pathetisch. Aber er betont zu Recht eine wichtige Erfahrung, mittlerweile vielfach belegt: die Grundlagen unserer Gesundheit werden nicht in der Arztpraxis oder dem Krankenhaus gelegt. Sie ist das Resultat unserer Lebensbedingungen, unserer Wohnung und Arbeit, unserer sozialen Beziehungen. Die Medizin kommt zum Einsatz, wenn das sprichwörtliche Kind in den Brunnen gefallen ist (und dann ist sie mal mehr, mal weniger erfolgreich). Erfolgreiche Krankheitsbekämpfung auf der Ebene der Bevölkerungen muss zu den Quellen, ihren Ursachen vorstoßen - moving upstream, wie es auf Englisch heißt.
Das ist keineswegs neu, sondern seit langem weitgehend Konsens der Public health-Forschung. Damit stellt sich aber die unbequeme Frage, welchen Beitrag der medizinsche Stand überhaupt dazu leisten kann, Krankheit zu bekämpfen. Rishi Manchanda plädiert hier für eine Art advocacy: Mediziner sollen die Symptome der Krankheiten behandeln, die aus den Lebensbedingungen der Patienten entstehen - da stimmte ich natürlich zu! - und ansonsten wie Sozialarbeiter dafür sorgen, dass die Kranken ihre Lebensbedingungen verbessern können. Ich bezweifle, dass Ärzte dazu geeignet sind. Und wer wissen willen, warum, erfährt in Mythos Vorbeugung mehr.

Dienstag, 23. September 2014

"Wir müssen die ökonomische Grundlage der Welt neu denken"

Hier der (nachgetragene) Hinweis auf mein Interview mit der Umwelthistorikerin Verena Winiwarter, erschienen bei Telepolis.
Klimaerwärmung, Bodenzerstörung, Wasserverschmutzung - die Menschheit untergräbt gerade durch ihren Naturverbrauch ihre eigene Existenzgrundlage. So kann es nicht mehr lange weitergehen, dieses System ist nicht "nachhaltig". Aber was bedeutet das überhaupt - Nachhaltigkeit? Können Menschen das überhaupt - langfristig und vorausschauend wirtschaften? Werden sie es noch lernen?
Ich möchte noch anmerken, dass die Aussagen meiner Interviewpartner nicht meine eigene Meinung wiedergeben (müssen), dass ich nämlich ein Zinsverbot für den falschen Ansatz halte, um die ökonomisch-ökologische Krise zu lösen, in die die Menschheit geraten ist, und dass das Telepolis-Forum, bildlich gesprochen, die Tarantel in der Sahnetorte meines Lebens ist.

Montag, 22. September 2014

Donnerstag, 4. September 2014

Damit hat das weltgeschichtlich kürzeste Kalifat hoffentlich ein Ende. Was aber um Allahs Willen haben sich die Online-Redakteure bei der Wortwahl dieser Schlagzeile gedacht? Martialisch irgendwie, trotz des wolkigen "Luftschlags". Dafür "ermordet", selten gehört bei Kriegsgegnern. "Terrorfürst", das klingt nach James Bond, nach Goldfinger.

Stimmt halt alles nicht, einschließlich der Identität des ermordeten Terrorfürsten ...

Donnerstag, 21. August 2014

"Falsche Schablonen der richtigen Welt"

Heute brachte Zeitfragen bei Deutschlandradio Kultur einen kurzen Beitrag von mir über Fiktionen der Wirtschaftswissenschaft.

Dienstag, 19. August 2014

"Ein schreckliches hirnloses Reich, in dem niemals irgendetwas passiert"

1940 schrieb George Orwell eine Besprechung von - festhalten! - Adolf Hitlers "Mein Kampf". Die Besprechung ist so englisch wie etwas englisch sein kann, jetzt mal im besten Sinne: klar, unpretentiös, noch dem Abschaum gegenüber fair und so viel advocatus diaboli wie möglich.
Suppose that Hitler’s programme could be put into effect. What he envisages, a hundred years hence, is a continuous state of 250 million Germans with plenty of “living room” (i.e. stretching to Afghanistan or there-abouts), a horrible brainless empire in which, essentially, nothing ever happens except the training of young men for war and the endless breeding of fresh cannon-fodder.

Sonntag, 17. August 2014

Hühner mit elektronischer Fußfessel

Teil 2 der beliebten Reihe "So was geht? - Kreativer Umgang mit Überwachungstechnik":
Ein brasilianischer Häftling auf Freigang hat sich mithilfe eines Hahns weitere Freiheiten verschafft: Seine elektronische Fußfessel band er während eines Hausarrests kurzerhand dem Tier um, das er dann in einen Hühnerstall sperrte. Der 29-Jährige selbst habe sich anschließend zum Drogenverkauf aufgemacht, berichtete die Zeitung „O Globo“ am Samstag.

Donnerstag, 14. August 2014

Bei Der Welt bleiben keine Schuldfragen offen

Was ist deutsch? Deutsch, das ist ein krankhaft gutes Gewissen.

Dies hier ist leider nicht bildbearbeitet, sondern tatsächlich die Internetstartseit von Die Welt von heute.

Wenn die Weltwirtschaft nicht will, wie der Weltmeister Deutschland will, dann muss natürlich Sabotage im Spiel sein, meinen die Blattmacher offenbar. Russland "vernichten den Wohlstand", auf den wir angeblich ein Anrecht haben? Die "reformunwilligen Franzosen und Spanier" sind schuld an der schwachen Konjunkur? Überall in Europa werden die deflationären Tendenzen unabweisbar, von der Politik der deutschen Regierung nach Kräften befördert. Wenn diese Strategie dann an ihre Grenzen kommt, müssen die anderen schuld sein - ein abgeschottetes System des neuen deutschen EU-Chauvinismus.

Mittwoch, 13. August 2014

Freitag, 8. August 2014

Der Internethandel als ökologisches Problem

Um die Ansprüche seiner Beschäftigten in Deutschland zu umgehen, verlagert Amazon Teile seiner Logistik nach Polen und Tscheschien.
Der Online-Versender verlangt von deutschen Verlagen, dass sie Bücher verstärkt über ausländische Versandzentren schicken – und damit im Ergebnis zur Umgehung potenziell streikgefährdeter deutscher Logistikstandorte beitragen. Die Verlagshäuser sollen, beginnend im September, rund 40 Prozent ihrer Bücher, Hörbücher und anderer Medien über neue Logistikstandorte in Polen und Tschechien an ihre inländischen Kunden schicken.
heißt es in der Welt. Ob damit Amazon allerdings wirklich die "deutsche Gewerkschaft austrickst", wie die Überschrift des Artikels lautet, ist völlig offen. Schließlich wird das Unternehmen die Transport-Kosten nicht gänzlich auf die Verlage abwälzen können, und auch in Polen und Tschechien sind die Beschäftigten lernfähig und werden entsprechende Lohnforderungen stellen.

In diesem Zusammenhang wird aber noch etwas anderes deutlich: Der Internethandel bei gleichzeitiger Deregulierung der Logistik ist eine veritable ökologische Katastrophe. Einst kam der Postbote langsam, aber zuverlässig und vor allem nur einmal am Tag, heute fahren diverse Kurierdienst mit ihrem Auto. Bei mir zuhause habe ich einmal sieben verschiedene Lieferdienste gezählt, von denen viele nur ein Paket bringen!
... der Börsenverein des deutschen Buchhandels: "Amazons Plan bedeutet eine Vervielfachung der Wege und der damit verbundenen Kosten für die Verlage", monierte Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis gegenüber der "Welt".
Dazu komme eine erhebliche Umweltbelastung. Bestelle etwa ein Kunde in Frankfurt am Main ein Buch bei Amazon, so müsse es ab Verlag bei Auslieferung über das Lager Breslau im Schnitt rund 1200 Kilometer zurücklegen. Verlaufe die Lieferkette über ein deutsches Amazon-Lager, seien es im Schnitt nur 450 Kilometer – und nur 260 Kilometer bei einer direkten Verlagsauslieferung an den Buchhändler um die Ecke.
In der ungünstigsten Variante entstehe ein Ausstoß des Klimagases CO2 von 58 Gramm pro Buch, gegenüber knapp 14 Gramm beim kürzesten Weg, geht weiter aus einer Beispielrechnung des Börsenvereins hervor. Amazon werde mit seinem Vorgehen zum "Klimakiller", lautet der Vorwurf.

Mittwoch, 6. August 2014

Geschäfte machen mit Al Kaida

Etabliert sich ein neofundamentalistischer "Staat" zwischen Euphrat und Tigris? Im London Review of Books berichtet Patrick Cockburn, wie sich "Islamischer Staat", the terror group formerly known as ISIS, konsolidiert. Cockburns aufschlußreicher Artikel macht auch deutlich, dass der jetzige Vormarsch der Islamisten nur möglich wurde, weil im Irak Staatlichkeit, Rechtsicherheit und eine nationale, nicht ethnisch gebundene Politik schon längst zerstört waren.
There are other wholly corrupt states in the world but few of them have oil revenues of $100 billion a year to steal from. The sole aim of many officials has long been to get the largest kickback possible and they did not much care if jihadi groups did the same. I met a Turkish businessman in Baghdad who said he had had a large construction contract in Mosul over the last few years. The local emir or leader of Isis, then known as al-Qaida in Iraq, demanded $500,000 a month in protection money from the company. ‘I complained again and again about this to the government in Baghdad,’ the businessman said, ‘but they would do nothing about it except to say that I could add the money I paid al-Qaida to the contract price.’ The emir was soon killed and his successor demanded that the protection money be increased to $1 million a month. The businessman refused to pay and one of his Iraqi employees was killed; he withdrew his Turkish staff and his equipment to Turkey. ‘Later I got a message from al-Qaida saying that the price was back down to $500,000 and I could come back,’ he said.

Montag, 4. August 2014

Harun Farocki 1944 - 2014

Die Neue Linke in Westdeutschland und Westberlin hat letztlich wenig Bleibendes hervorgebracht. Harun Farocki zählte sicher zu den Ausnahmen, ein ganz eigenständiger Künstler, für mich der wichtigste deutsche Filmemacher, dessen materialästhetisches Bewusstsein immer im Dienst der Erkenntnis - man mag sie politische Erkenntnis nennen - stand, niemals Selbstzweck war. Am 30. Juli ist er gestorben.



Wollte Farocki 1978 mit seinem opus magnum »Zwischen zwei Kriegen« noch »die Widersprüche zu einer Einheit zusammenfassen« und die gesellschaftliche Totalität zur Darstellung bringen, wendet er sich danach immer stärker der »Mikropolitik« zu, den Repräsentationen und Inszenierungen. Er wandert, wie viele Linke, in den achtziger Jahren von Marx zu Foucault.
»Zwischen zwei Kriegen«, ein Klassiker des politischen Films, handelt von der Entstehung des Verbundsystems. Um die Produktion zu steigern, um alle Energien und Zwischenprodukte zu nutzen, verschmelzen einzelne Industriebetriebe zu Trusts. Ihre spezifische Organisation verwehrt ihnen fortan, auf Absatzschwankungen auf die gewohnte Art zu reagieren und die Produktion herunterzufahren: Es lohnt nicht mehr, nicht zu produzieren. Der Verbund verschärft die Überproduktion (wie sich übrigens heute wieder in der Chemieindustrie beobachten läßt). Der Ausweg ist der Krieg, die Herstellung von Waren, die sich selbst und andere Waren vernichten, die also den Markt bereinigen. »Es muß einen Zusammenhang geben zwischen Produktion und Zerstörung«, sagt Farocki in einem seiner späteren Filme – hier ist einer.
Um solche vielschichtigen Zusammenhänge sichtbar zu machen, greift Farocki in »Zwischen zwei Kriegen« zu einer allegorischen Darstellung, entwickelt komplexe »Denkbilder«. Er selbst taucht im Film als fragender, konstruierender Autor auf. Später wird er sich immer weiter zurückziehen und dem (Bild-)Material das Feld überlassen. Statt Experimente zu konstruieren, analysiert er nun Bilder, die andere hergestellt haben. Ab den achtziger Jahren beschäftigen sich seine Dokumentationen mit Werbe- und Aktfotographie, mit computergenerierten Bildern beim Militär und in der Fabrik, mit Videoüberwachung.
Sich der Welt nicht unter dem Aspekt ihrer Darstellung zu nähern, gilt in vielen akademischen und Künstlerkreisen bekanntlich als unfein, als geradezu unanständig. Statt über den Krieg spricht man über seine Bilder, und in der Deppenversion dieser Haltung soll beides sogar dasselbe sein. Farockis Arbeiten wie »Stilleben« (1997) oder »Gefängnisbilder« (2000) unterscheiden sich vom bloßen Formalismus, weil der Regisseur sich immer noch für die gesellschaftliche Wirklichkeit interessiert.
Das bewahrt seine Filmessays über die diversen »Bildlogiken« vor der Belanglosigkeit. Trotzdem sind sie wohl der schwächste Teil seines Œuvres. Am besten ist Farocki heute als Dokumentarist. Er und seine Mitarbeiter hätten gelernt, möglichst unauffällig herumzustehen, sagte Farocki einmal. Vielleicht erklärt das, wie er es fertigbringt, so dichte Aufnahmen zu machen: Finanziers verhandeln mit Unternehmern, Werbefotographen richten ihre Objekte zu, Fernsehleute inszenieren eine Gameshow, Innenarchitekten versuchen, ihre Kunden von ihrem Entwurf zu überzeugen – die Kamera läuft mit und hält ihre Selbstdarstellungen fest. Farocki lichtet ohne Kommentar oder Erläuterung das alltägliche Infame ab, nicht denunziatorisch, aber auch ohne Gnade oder Rücksichtnahme. Oft ist zu lesen, Farockis Kennzeichen als Regisseur sei seine nüchterne, distanzierte Haltung. Mag sein, aber sie entsteht aus einem leidenschaftlichen Interesse an der Wirklichkeit.
Aus meiner Rezension einer Farocki-Filmsammlung in der Konkret August, 2009

Donnerstag, 17. Juli 2014

Identifizieren Sie eine Situation oder eine Person, die einen negativen Einfluss auf Ihr Leben hat. Entziehen Sie sich dieser Situation oder dieser Beziehung. Wenn es sich dabei um Ihre Familie handelt, entscheiden Sie sich dafür, etwas weniger Zeit mit diesem Teil Ihrer Familie zu verbringen.

T. Harv Eker, So denken Millionäre: Die Beziehung zwischen Ihrem Kopf und Ihrem Kontostand. Kulmbach 2006. Seite 146.

Donnerstag, 10. Juli 2014

Wenn die Epidemien zurückkommen

Geschichte wiederholt sich nicht? Das scheint mir immer zweifelhafter, jedenfalls bezogen auf die Medizingeschichte. Augenblicklich wiederholt sich ein Muster, das im 19. Jahrhundert schon einmal auftrat: Krankheiten werden erst dann als problematisch wahrgenommen, wenn sie an die eigenen Haustür klopfen.
Seit dem 18. Jahrhundert zogen sich die Infektionskrankheiten langsam aus Europa zurück. Sie verschwanden wohlgemerkt nicht ganz, aber sie traten seltener und weniger tödlich auf. Die schlimmsten Krankheiten waren Pest, Cholera und Tuberkulose gewesen, außerdem andere bakterielle Infektionen von Wunden, besonders solche, die bei Geburten entstanden. Vor allem die bessere Ernährungslage der Bevölkerung war der Grund, dass die Infektionen nicht mehr wie einst grassierten. Später kamen hygienische Maßnahmen wie die städtischen Wassersysteme dazu, noch später Antibiotika wie Penizillin.
Aber heute sind die Infektionen wieder auf dem Vormarsch zurück, nach Europa. Die WHO stellte kürzlich sogar die bange Frage, ob uns ein "post-antibiotisches Zeitalter" bevorsteht. Resistente Bakterien verbreiten sich, darunter auch die Tuberkulose. In der New York Times von gestern analysiert Polly Price das Problem, mit einem starken Fokus auf die USA, aber auch hierzulande von Bedeutung. Sie weist darauf hin, dass sich Resistenten häufiger werden und dass dies nicht zuletzt ein wirtschaftliches Problem sei:
The World Health Organization reports around 500,000 new drug-resistant cases each year. Fewer than half of patients with extensively drug-resistant tuberculosis will be cured, even with the best medical care. The disease in all its forms is second only to AIDS as an infectious killer worldwide. ... Extensively drug-resistant tuberculosis requires 18 to 24 months of treatment and can cost more than $500,000. A local health department’s entire budget can be depleted with just one case.
Hier lohnt sich Prävention tatsächlich einmal, ist die Vorbeugung besser als das Heilen. Überzeugt das? Es war auch im 19. Jahrhundert keineswegs Menschenfreundlichkeit, die die städtische Bourgeoisie im 19. Jahrhundert dazu bewegte, "Geld in die Hand zu nehmen" und etwas gegen die "Pesthöhlen" zu unternehmen, die Elendsquartiere, wo etwa die Cholera ihr Reservoir fand. Es war Eigeninteresse, weil die Epidemien von den Slums in die bürgerlichen Viertel schwappten. Allerdings war es damals nur eine Minderheit, die so viel Einsicht zeigte. Und auch dies könnte sich wiederholen:
In Jackson County, Ohio, voters last year were asked to approve a tax to continue to fund the county’s tuberculosis prevention and treatment program. In an effort to ensure approval, tax commissioners reduced the levy, leaving just enough to keep the program going. Voters still rejected it, 3,363 to 3,195. As a result, the health department had to cut the program’s public health nurse and a clerical assistant.

Infektionen haben die bemerkenswerte Eigenschaft, die Gesellschaftlichkeit der Gesellschaft wieder in Erinnerung zu bringen. Denn während die Welt ansonsten so wunderbar eingerichtet wird, als wäre jeder allein seines Glückes Schmied und müsse sich für das Schicksal des anderen nicht ein Stück interessieren, wandern die Viren und Bakterien unfehlbar von einem zum anderen. Sie machen den gesellschaftlichen Charkater augenfällig, den unerwünschten Zusammenhang einer arbeitsteiligen Gesellschaft der Eigentümer.
Wie schnell diese Haltung angesichts der Infektionen in den Irrsinn führt, lässt sich an den Impfkritikern beobachten. "Herdenimmunität" bedeutet, dass die Zahl der Erkrankungen insgesamt sinkt, auch wenn einzelne Geimpfte nicht profitieren. Es handelt sich also um einen emergenten sozialen Effekt des individuellen Handelns - der daher von Impfkritikern geleugnet wird. Damit verwandt ist die uralte Stigmatisierung der "Keimträger". Eine vernüftige Bekämpfung der Infektionen scheitert immer wieder an diesem Widerspruch - bis heute.

Dienstag, 1. Juli 2014

Arbeitszeitverkürzung ist gesund

Politik ist nichts weiter als Medizin im Großen.
meinte einst Rudolf Virchow. Seitdem haben Sozialmediziner immer wieder gesellschaftliche Reformen angemahnt, die der Gesundheit der Bevölkerung zuträglich wären. Mein neuer Lieblingsvorschlag aus dieser Kategorie kommt von John Ashton, Präsident der UK Faculty of Public Health.
We need a four-day week so that people can enjoy their lives, have more time with their families, and maybe reduce high blood pressure because people might start exercising on that extra day. ... My concern is that too many people are working too long hours and too hard, and too many people aren't working at all. A large number of people are working crazy hours and a significant amount of people can't get work
Eine zarte, naive Stimme der Vernunft ...

Sonntag, 18. Mai 2014

Anstatt Gloomy Sunday : Musik



Jetzt lieben sie alle. Aber, weil ich beim Musiklieben schließlich nicht nur auf Distinktionsgewinne aus bin, werde ich trotzdem weiter lieben.

Samstag, 10. Mai 2014

"Kurz zur Rollenverteilung"

Die politische Klasse hat beschlossen, dass genug im NSU-Sumpf gewühlt wurde, und sie ist zunehmend genervt davon, dass die Anwälte der Familien der Ermordeten – zur Erinnerung: die Anwälte der wahrscheinlich mit staatlicher Unterstützung Ermordeten – weiter wühlen wollen. Ich habe kürzlich die schwache Leistung der deutschen Medien in Sachen NSU beklagt. Den bisherigen Tiefpunkt der Berichterstattung brachte ausgerechnet Deutschlandradio Kultur. Christopher Ricke interviewt den Anwalt Mehmet Daimagüler:
Ricke: Die deutschen Ermittler haben ja jahrelang Zusammenhänge nicht erkannt, doch es wurden Konsequenzen gezogen. Heute schaut man ganz anders auf die Vorgänge. Ich weiß, das macht kein Opfer wieder lebendig, aber vielleicht mindert es ja genau das Risiko, dass sich so etwas wiederholt, und dass Sie als Bürger dieses Landes eben getrost ins Bett gehen können.

Daimagüler: Da frage ich mal zurück: Welche Konsequenzen wurden denn gezogen? Was hat sich denn geändert?

Ricke: Na ja, die Fragen, die muss ich ja jetzt heute stellen, weil ich ja auch nicht der Jurist bin, aber ich erinnere mich an –

Daimagüler: Sie haben ja nicht gefragt, sondern festgestellt.

Ricke: Dann gebe ich Ihnen doch gern die Antwort. Also: Wir haben personelle Wechsel bei Landesverfassungsschutzämtern. Wir haben Reformen beim Verfassungsschutz. Wir haben den Untersuchungsausschuss, wir haben Aufarbeitung –

Daimagüler: Nein, ernsthaft, welche Reform haben wir denn beim Verfassungsschutz?

Ricke: Herr Daimagüler – kurz zur Rollenverteilung: Sie sind Vertreter der Nebenklage, ich stelle hier die Fragen – einverstanden?

Daimagüler: Nein. Sie machen ja keine Fragen, sondern ...

Ricke: Okay. Dann danke ich Ihnen ganz herzlich für dieses Gespräch!
Und. Legt. Auf!

Auf Telepolis beschreibt Florian Rötzer den Hergang und analysiert:
Wer das Spiel nicht brav mitspielt, dem wird die Rede abgeschnitten. Daimagüler hatte Recht, dass Ricke Behauptungen aufstellte, die er nicht näher erläuterte, aber implizit verlangte, dass Daimagüler sie teilen müsste, wenn er nicht renitent übers Ziel hinausschießt, was offenbar dann erreicht ist, Kritik an der Reform des Verfassungsschutzes zu äußern, der zwar nun die V-Leute strenger kontrollieren und die Vernichtung von Akten besser regeln, aber letztlich mehr Rechte erhalten soll
Der Journalist hat, von Berufs wegen, keine Ahnung (schließlich keine Zeit, etwas herauszufinden), aber ein sicheres Gespür dafür, woher der Wind weht, in den sich ein Fähnchen hängen lässt. Aber Christopher Ricke, den zeichnet ein geradezu autisisches Vertrauen in sich selbst und die staatlichen Quellen aus, denen er zu vertrauen hat. Sie werden mit allem durchkommen.


Wunderbar gemachter Fake: Google Nest !

Donnerstag, 1. Mai 2014

Anstatt Gloomy Sunday : Musik


Den Deutschen beim Internet-Suchen zuschauen

Gab es eine Zeit vor Google?Es fällt schwer sich darn zu erinnern, wie es war, als wir noch ein Gedächtnis brauchten und Kneipendiskussionen über faktsche Fragen noch möglich waren. Einen Vorteil hat es aber, dass alle die Suchmachine benutzen. Seitdem können wir den Massen beim Nachdenken zuschauen. Dafür reichen die Vorschläge, die automatisch eingeblendet werden, wenn wir ein paar Buchstaben getippt haben. Bezeichnend, was die Mehrheit der Google-Nutzer zu interessieren scheint.

Manchmal auch erschreckend:



Oder noch schlimmer, der interessanteste Rudolf in Deutschland war ein Nazi:


Und die Intellektuellen? Die interessieren sich für die korrekte Aussprache komischer Fachbegriffe:


Hattet ihr schon ähnliche Aha-Erlebnisse? Dann nichts wie her damit.

Sonntag, 27. April 2014

Tiefer Staat, deutsche Presse abgetaucht: ein "Land im Ausnahmezustand"

Eines der Verbindungsglieder zwischen Staatsschutz, Geheimdiensten und den NSU-Terroristinnen ist tot. Der Spitzel "Thomas Richter", Deckname „Corelli“, weiß Der Spiegel , stirbt
laut Sicherheitskreisen an den Folgen einer zuvor nicht erkannten Diabetes-Erkrankung. Offenbar ausgestattet mit einer neuen Identität lebte "Corelli" zuletzt in einer Wohnung im Raum Schloß Holte-Stukenbrock, in der auch seine Leiche gefunden wurde. Die Ermittlungen erbrachten nach SPIEGEL-Informationen bislang keine Hinweise auf eine "Fremdeinwirkung".
Das ist natürlich nicht
merkwürdig.
Das wirft auch nicht, wie Die Süddeutsche meint,
Fragen auf.
Das stinkt zum Himmel! Micha Brumlik und Hajo Funke finden in ihrem Kommentar in der taz die richtigen Worte für diesen

Klassiker aller unaufgeklärten und nicht aufzuklärenden Todesfälle: einen „unentdeckten“ Diabetes.

Samstag, 26. April 2014

Sonntag, 20. April 2014

Geheimdienst-Chatbots verwickeln Pädophile und politisch Verdächtige in Internet-Gespräche

Klingt reißerisch, diese Überschrift? Nicht reißerisch genug, meint die amerikanische Electronic Frontier Foundation:
According to an inadequately redacted document publicly available on the federal government’s contracting site, FBO.gov, Sgt. Star is built on technology developed for the FBI and CIA more than a decade ago to converse with suspects online. From the document: LTC Robert Plummer, Director, USAREC PAE, while visiting the Pacific Northwest National Laboratories (PNNL) in late 2003, discovered an application developed by NextIt Corporation of Spokane, WA, that PNNL identified for the FBI AND CIA. The application used chat with an underlying AI component that replicated topical conversations. These agencies were using the application to engage PEDOPHILES AND TERRORISTS online, and it allowed a single agent to monitor 20-30 conversations concurrently.
Will sagen, es geht den Verfolgungsbehörden nicht nur ums Mitlesenm Mithören und Zuschauen, sondern ums automatisierte Aushorchen. Wie paranoid muss ich werden?
As in the context of data mining, a computer equipped with artificial intelligence is capable of engaging thousands of individuals simultaneously, twenty-four hours a day. But here the agent is able to leverage the power of computers to persuade via carefully orchestrated social tactics known to elicit responses in humans. In an age of national security and targeted advertising, citizen and consumer information is at an all time premium. Techniques of AI and HCI [Human-Computer Interaction] create the opportunity for institutions to leverage the human tendency to anthropomorphise and other advantages computers hold over humans (ubiquity, diligence, trust, memory, etc.) to facilitate an otherwise impracticable depth and breadth of data collection.

Freitag, 18. April 2014

Die Automatisierung des Seminars


Der dritte Teil meiner Telepolis-Serie über MOOCs ist erschienen: Die Automatisierung des Seminars. Der Text dreht sich um die öglichkeit einer industrialisierten Bildung.
Ob mit E-Rater massenhaft standardisierte Aufnahmeprüfungen benotet werden oder bei edX mit künstlicher Intelligenz Übungsaufgaben korrigiert werden, die Lehrmaschinen führen nicht zu einer völligen "Automatisierung". Die Technik macht die Lehrkräfte nicht gänzlich überflüssig. Sie gibt ihnen lediglich Instrumente an die Hand, um wesentlich mehr Studierende den Stoff zu vermitteln. Sie verändert die Arbeit der Lehrer und Dozenten.

MOOCs sind nur ein Beispiel für die aktuellen Versuche, mit neuer Technik die Effizienz in der Bildung zu steigern. Die schulische und universitäre Praxis insgesamt wird digitalisiert. Kinder und Jugendliche sollen mit Lernprogrammen arbeiten. Mit Big Data-Analysen Learning Analytics beziehungsweise Educational Data Mining können didaktische Mittel ausgewählt werden, die für eine bestimmte Lerngruppe objektiv am wirksamsten sind.

Begründet werden diese Bemühungen grundsätzlich mit Hinweisen auf eine bessere Qualität der Lehre und des Unterrichts, aber das übergeordnete Ziel ist, die notwendige Arbeitszeit und letztlich die Lohnkosten zu senken. Schulen und Universitäten wurden schon lange als "Lernfabriken" geschmäht. Dennoch blieb der Unterricht weitgehend "Handwerk". Zwar benutzte der Lehrer Medien, aber er benutzte sie eben wie ein Handwerker ein Werkzeug: in eigener Regie. Deshalb war seine konkrete Arbeit schwer kontrollierbar und nicht ohne weiteres ersetzbar. Eben das verändert sich durch die Digitalisierung, Sie schafft die technische Grundlage, um die Arbeit auch im Bildungssektor neu zu teilen und letztlich weniger qualifizierte Arbeitskräfte einzusetzen.

Teil 1 der Serie: Ein Weltmarkt für Internet-Bildung
Teil 2 der Serie: Bildung als mediale Ware

Samstag, 12. April 2014

Sonntag, 6. April 2014




Freitag, 4. April 2014

Samstag, 22. März 2014

Freitag, 21. März 2014

"Für Putin ist das alles nur Mickey Maus."

Die Spieltheorie hat den Ruf, als "Theorie der strategischen Interaktion", zur Politikberatung zu taugen. Dabei hat sie, wie der Mathematiker und Spieltheoretiker Anatole Rapoport einmal feststellte,
keinen klaren Bezug zur Wirklichkeit.
Nun befragt die FAZ den deutschen Spieltheoretiker Manfred Milinski zur Krimkrise. Herr Wissenschaftler, sagen Sie mal was Spieltheoretisches für unsere Leser!
Wenn man davon ausgeht, dass alle rationale Spieler sind und eine Kosten-Nutzen-Analyse ihrer Optionen gemacht haben, dann ist Präsident Putin offenbar zu dem Schluss gekommen, dass sein Nettogewinn höher ist, wenn er die Krim annektiert.
Vielen Dank für diesen Hinweis: Sofern der Putin rational ist, hat er auch rational gehandelt! Oder es war umgekehrt: Er hat sich eben rational verhalten, weshalb wir einen rationalen Spieler nennen dürfen. Aber sei es drum, wie soll der Westen mit Putin reden, Herr Wissenschaftler?
Jetzt müssten Obama und die europäischen Regierungschefs konsequent das umsetzen, was sie angedroht haben. Und zwar aus ganz rationalen Gründen. Der Ausschluss des russischen Präsidenten von den G8-Verhandlungen ist nur ein Anfang. Im Grunde muss es jetzt weiter gehen. Wenn nicht alle Strafmaßnahmen kommen, ist das für Putin quasi eine Einladung, weiterzumachen und die Ukraine vielleicht auch noch zu nehmen. Putin hat bis jetzt die Erfahrung gemacht, dass er Drohungen nicht ernst nehmen muss.
Sie meinen also genau so, wie es am Stammtisch redet, ja? Ein Machtpolitiker wie Putin reagiert nur auf Macht, richtig?
Wenn Putin tatsächlich an die Umsetzung der Strafmaßnahmen geglaubt haben sollte, dann reichen diese offensichtlich nicht aus, die Kosten einer Annexion für ihn hoch genug zu treiben. Wichtig ist für den weiteren Verlauf, dass das jetzt auf europäisch-amerikanischer Seite eins zu eins umgesetzt wird. Es geht jetzt darum zu fragen, welche Optionen hat Putin in Zukunft. Der Westen hat sich unter Zugzwang gesetzt. Er muss die Strafen umsetzen, sonst ist die strategische Position ein für alle mal verloren.
... jetzt müssen erstmal die angedrohten Sanktionen umgesetzt werden. Schwierig wird es, wenn Putin weiter macht und nicht mit der Krim alleine zufrieden ist. Das will man sicher ausschließen. Dann muss man die Drohungen massiv verstärken.
Also auf zur Mobilmachung! Ladet den Akku der Drohnen auf und holt schon mal die Gasmasken aus dem Keller! Irgendein Nash-Gleichgewicht wird sich schon einstellen.

Amerikanische Spieltheoretiker wie Herman Kahn oder John von Morgenstern haben sich im Kalten Krieg als Kriegstreiber hervorgetan. Dass es damals nicht zu einem offenen Krieg mit der Sowjetunion kam, ist bestimmt nicht ihrem mäßigend Einfluss auf die Entscheider zu verdanken. Milinski scheint sich in diese unselige Tradition einreihen zu wollen.

Donnerstag, 20. März 2014

Überaffirmation bei Amazon

Amazon war ein Pionier beim Crowdsourcing, in vieler Hinsicht. Bei Mechanical Turk verdient der Konzern als Zwischenhändler für Internetarbeit, eine Leasingfirma ohne jedes Risko oder Ausgaben. Als Buchhändler hat Amazon mit seinen Rezensionen ein System entwickelt, bei dem die Kunden einander beraten. Aber was, wenn die Kunden dabei nicht mehr mitmachen? Und so etwas verfassen?
Ich kann das oben angegebene Produkt $article_name vorbehaltlos empfehlen. Als ich $article_medium endlich erwerben konnte, war ich mehr als positiv überrascht. Ich werde auch in Zukunft $article_name immer wieder konsumieren und habe gleich noch einmal zugegriffen, da auch der Preis $article_price für das Produkt $article_name sehr gut ist. Ich freue mich schon auf weitere sehr gute Angebote von $article_manufacturer.
Die beste Besprechung der Welt.

Mittwoch, 19. März 2014

Zur kulturellen Grammatik des "Nockherberg"

Der Bayer an sich will keine Revolution. Und keine Koalition. Und auch keine Opposition. Er will einen König, und den hat er endlich wieder.
Ist's möglich - ein kritischer Artikel bei Spiegel Online? Tina Angerer, eigentlich von der Münchner Abendzeitung, analysiert das Spektakel, dass in Bayern und seiner Hauptstadt unerhört wichtig zu sein scheint. Dabei handelt es um eine Art Karnevalssitzung.
Wenn am Nockherberg die Politiker verspottet werden, erst in einer Rede, dann in einem parodistischen Singspiel, dann sitzen die wahren Hauptdarsteller im Publikum, ihre Selbstdarstellung ist der eigentliche Reiz der Veranstaltung. Sie sitzen hierarchisch geordnet: zentral das bayerische Kabinett, die Opposition am Rande, mittig dafür die Wiesnwirte und andere wirklich Wichtige - bisher saß da auch ein Wurstfabrikant namens Hoeneß. ... Bislang saß er im Saal, ließ sich mit dem Ministerpräsidenten und dem Paulaner-Chef ablichten. Er ist zwar kein Politiker, aber er war der bewunderte Über-Bayer, der Nebenkönig aus dem Fußballreich: Er wird in der Rede vorkommen müssen. Nur wie?
Ganz wunderbar macht Tina Angerer das. Sie beschreibt die Inszenierung von Respektlosigkeit und Spontaneität bei gleichzeitiger strikter Witz-Kontrolle (nicht umsonst heißt der Titel: "Hier lacht der Chef!") und gleichzeitig erklärt sie die politischen Hintergründe. Feuilleton und politischer Kommentar zusammen sozusagen!

Montag, 17. März 2014

Gezielte Desinformation, skalierbar

Lange nichts mehr gehört vom Überwachungsstaat! Der Guardian berichtete gestern über ein britischen Programm, das neue Technik entwickelt, um Desinformationen im Netz und vda vor allem in sozialen Netzwerken zu streuen. Bezahlt vom Verteidigungsministerium laufen Forschungsprojekte mit vertrauenserweckenden Namen wie
Understanding Online Avatars, Cognitive and Behaviour Concepts of Cyber Activities, and Novel Techniques for Public Sentiment and Perception Elicitation
Bemerkenswerterweise sind viele dieser Projekte in Form einer Public Private Partnership organisiert und werden von dem Rüstungskonzern BAE Systemes betreut. Und natürlich muß die massenhafte (Gegen-)Propaganda automatisiert funktionieren ("skalierbar sein"). Alle anderen Ansätze würden in der Masse des Gezwitschers, Bloggens und Weiterleitens untergehen.
While most projects remain under wraps an insight into the area of research has been provided by a previous report commissioned by the MoD, and which has been released under the Freedom of Information Act. It examined how chatbots – computer programmes that make human-sounding small talk and which have been used in everything from customer relations to sex industry marketing – could take on military roles in intelligence and propaganda operations to influence targets. The research into the programmes, which are designed to emulate human conversation and are familiar as "virtual assistants" on retailers' websites, envisages a future in which "an influence bot could be deployed in both covert and overt ways – on the web, in IM/chatrooms/forums or in virtual worlds".
Der Ansatz ist nicht ganz neu. Letztlich geht es darum, mit den "Sockenpuppen" den Eindruck von authentischer Kritik zu wecken, Zweifel zu sähen und Organisationensprozesse zu verhindern. Das wird unter anderem von der Firma Ntrepid angeboten.

Sonntag, 16. März 2014

Freitag, 14. März 2014

Bildung als mediale Ware

Aufnahmen für einen MOOC an einer US-Uni
Eben ist bei Telepolis "Bildung als mediale Ware", der zweite Teil meiner Serie über MOOCs und andere Formen der Internetbildung erschienen. Ich analysiere das Phänomen bildungs- und - weil's nun mal um Medien geht - medienökonomisch.
"Mediale Waren" wie Musik-CDs, Computerspiele oder Kinofilme sehen ganz unterschiedlich aus und werden auf verschiedene Arten vertrieben und konsumiert. Ökonomisch betrachtet aber haben alle gemeinsam, dass die Herstellungskosten pro Einheit immer weiter abnehmen, je mehr Einheiten hergestellt werden. Einen Spielfilm wie beispielsweise "Der Hobbit" herzustellen, ist eine schwierige, aufwändige und teure Angelegenheit. Wenn aber die Aufnahmen erst einmal "im Kasten" sind, sind die Kosten für die Vervielfältigung unerheblich.

Mittwoch, 12. März 2014

Arm macht krank macht tot

Eigentlich kann niemanden überraschen, dass die wachsende Ungleichheit auch körperliche Folgen hat. Heute stellte das Robert-Koch-Institut im Rahmen des Kongresses "Armut und Gesundheit" neue Zahlen zum sogenannten sozialen Gradienten vor.
Frauen mit niedrigem Sozialstatus erkranken doppelt so häufig an Diabetes mellitus wie der Durchschnitt, Männer in dieser sozialen Gruppe sogar dreimal so häufig. Ihren Gesundheitszustand schätzen sozial benachteiligte Frauen selbst fünfmal häufiger als "mittelmäßig" oder "schlecht" ein. Männer tun das viermal häufiger. Die größere Belastungen durch Krankheit drücken sich folgerichtig in einem kürzeren Leben aus. Das RKI errechnet, dass die mittlere Lebenserwartung bei Geburt in der niedrigen Einkommensgruppe bei Männern um 10,8 Jahre und Frauen um 8,4 Jahre verringert ist.
In meinem gerade bei Telepolis erschienen Artikel zum Thema kommentiere ich:
Schon merkwürdig: im Fall der Bildung gilt es als Skandal (oder wenigstens als Manko), dass der Schulerfolg deutscher Jugendlicher von ihrer sozialen Herkunft abhängt. Wenn die jüngsten Ergebnisse der PISA-Studie veröffentlicht werden, fordern Bildungspolitiker regelmäßig, "Deutschland müsse mehr tun", um die beiden Faktoren zu entkoppeln. Aber der soziale Status des Elternhauses bedingt nicht nur den Bildungserfolg. Er bedingt die Lebensdauer, was aber kaum jemanden zu kümmern scheint.

Mittwoch, 5. März 2014

Christopher Soghian über die Überwachungsindustrie


Der US-amerikanische Bürgerrechtler und IT-Experte Christopher Soghoian liefert mit diesem Vortrag eine gute Zusammenfassung, was Hacker im Regierungsauftrag treiben. (Kleine Korrektur, allerdings stimmt es meines Wissens doch, dass Gamma Spionage-Software an die ägyptische Regierung verkauft hatte).

Montag, 3. März 2014

Meine Magisterarbeit kicher

Schon mal versucht, einem Bekannten zu erklären, warum es in der eigenen Magisterarbeit oder Promotion ging?
Monatelang - in einigen bedauernswerten Fällen jahrelang! - haben wir gelesen, gegrübelt und formuliert, sind verweifelt, um dann schließlich - was? Die erste richtige "Forschungsarbeit" und in der Regel auch die letzte, eine Note und ein Zeugnis und jetzt ab ins Berufsleben! Nun soll ich erklären, worum es eigentlich damals ging in meinem Werk, welche "Forschungsfrage" ich "beantwortet" habe und das auch noch, ohne den Gegenüber allzusehr zu langweilen.

"Der Unterricht im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" als Buch erhältlich


Wie werden MOOCs die Hochschulen verändern? Wie und wie weit lassen sich Lernprozesse "automatisieren"? Was treibt die Expansion der Internet-Lehre an und welche Geschäftsmodelle entstehen - und was um Himmels bedeutet das alles für die Studierenden? Darum geht es in meinem Buch MOOCs statt Hörsaal, erschienen im Heise-Verlag und seit kurzem erhältlich bei den üblichen Verdächtigen.

Mein eher analytischer und historisch ziemlich weit ausgreifender Text wird ergänzt durch Interviews mit und Texten von ausgewiesenen Experten: Raùl Rojas, Robotikprofessor an der FU Berlin, Bernd Huber, Präsident der LMU, Jürgen Handke, Professor für Anglistik an der Universität Marburg, der Linguist Les Perelman vom MIT und Jörn Loviscach.

Meine These ist, dass MOOCs expandieren, weil sie Rationalisierungsgewinne versprechen, dass aber dieses Versprechen nur teilweise und auf Kosten der Ausbildungsualität umgesetzt werden kann.

Donnerstag, 13. Februar 2014


Mittwoch, 12. Februar 2014

Rätselraten mit web.de


Finden Sie den Widerspruch in dieser journalistischen Aufbereitung von Magersucht und Esstörung!

Donnerstag, 6. Februar 2014

Kapuzineraffen: Potentiell schlauer als wir

Speaking of: 100 Jahre erster Weltkrieg

Sonntag, 26. Januar 2014

Freitag, 24. Januar 2014

Markus Lanz macht's mit jedem weiteren Wort schlimmer

Das mit dem Entschuldigen, das üben wir noch mal, ja? Lanz versucht es erst mit dem (sich pestartig immer weiter verbreitenden) Merkel'schen Konjunjuktiv
Wenn das energische Nachfragen zu rustikal und sogar persönlich war, dann bedaure ich das.
um dann, Finale der Dumpfheit, zu erklären: Nach letzter Zählung sind 170 000 Menschen der Meinung, dass ich mir eine andere Arbeitsstelle suchen sollte, aber das liegt halt daran, dass die Wagenknecht ein Mädchen ist.
Allein durch die Konstellation – also, eine Frau gegen zwei Männer – entstand zwangsläufig der Eindruck: Das ist jetzt unfair.
aber die journalistische Absicht war natürlich lupenrein
Es muss möglich sein, kritische Fragen zu stellen. Und ich finde, es ist legitim zu fragen, welche Haltung die Linkspartei beispielsweise zu Europa hat.
In seiner bewussten Sendung formulierte Lanz das brillant mit
"Raus aus dem Euro oder drinbleiben? ... Raus oder rein? ... Euro — Ja oder Nein?"
Mit "hart angegehen" hat die Gesprächsführung von Lanz und die seiner Kollegen (die, das geht gerade etwas unter, ja selten besser sind) nichts zu tun. Lanz hat ihr Prinzip ins Absurde getrieben und dadurch kenntlich gemacht: sich die Ohren zuhalten und gleichzeitig immer dümmere Fragenn stellen, deren Antwort einem gleichgültig sind.

Donnerstag, 23. Januar 2014

"Lehre und die Universitätslandschaft werden sich grundlegend verändern."

Gerade deutet die britische Regierung an, Online-Lehre in den Schulunterricht zu integrieren, die MOOC-Welle rollt also weiter, und da passt mein neues Interview mit Bernd Huber, dem Präsidenten der Ludwig-Maximilians-Universität München, gut dazu. Huber macht nämlich klar, was die Digitalisierung in dieser Form für die Hochschulen bedeuten wird. Er drückt das sehr nett aus:
Online-Angebote werden künftig eine Ergänzung und an manchen Punkten auch einen Ersatz darstellen, ohne dass Unterricht vor Ort dadurch überflüssig wird. Diese Entwicklung ist für Universitäten eigentlich sehr attraktiv, weil sie dann nicht mehr in jedem, zum Teil hochspezialisierten Bereich eine eigene Präsenzlehre anbieten müssen. Man kann sich auf die eigenen, besonderen Stärken konzentrieren.
Weniger nett ausgedrückt: Auf dem Niveau der Einführungs- oder Grundstudiumsveranstaltungen könte bald ein großer Teil der lokalen Präsenzlehre überflüssig werden. Das Interview ist übrigens Teil meiner kleinen Reihe über den "Unterricht im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit".

Sonntag, 19. Januar 2014

Der Unterricht im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit

Heute brachte Telepolis den ersten Teil einer Artikelserie, mit der ich den Aufstieg der Open Massive Online Courses (MOOC) darstelle und, wenigstens ansatzweise, zu erklären versuche. Es geht also um einige meiner Lieblingsthemen: um Rationalisierung, Bildung und ihre Ökonomie, Technik und Didaktik.
Der erste Teil "Ein Weltmarkt für Internet-Bildung" erklärt, dass die Investitionen in diesem Bereich spekulativ beziehungsweise angstgetrieben sind. Ein Geschäftmodell für MOOCs ist noch nicht in Sicht:
Woher eigentlich soll der Profit kommen? Prinzipiell kommen nur drei Geldquellen in Frage:
- Die Leute zahlen dafür, dass sie von einem MOOC Gebrauch machen.
- Firmen bezahlen für die Daten der Nutzer.
- Hochschulen bezahlen dafür, dass sie die Plattformen nutzen dürfen.
Dann diskutiere ich, wie vielversprechend der jeweilige Ansatz ist, und erkläre, inwiefern MOOCs eine mediale Ware sind und welchen Unterschied das macht.
So weit erst mal, bald geht's weiter! Ich bin gespannt, welches Resonanz der Text finden wird.

Freitag, 17. Januar 2014

Der Inder und sin Fru

Indien: Ein Subkontinent, auf dem mehr als 1,2 Miliarden Menschen leben. Sie praktizieren verschiedene Religionen, sprechen unterschiedliche Sprachen. Es gibt Arme und Reiche, immer noch Bauern, die einen Handpflug durch die Erde treiben, und seit kurzem Weltraummissionen. Es gibt eine urbane Oberschicht, ein Proletariat und viele Bauern in sehr verschiedenen Bundesstaaten. Als ich vor Jahren einmal dort war, habe ich Liberale, Faschisten und Kommunisten erlebt, desillusionierte und unpolitische Inder. Eine verwirrende Vielfalt, möchte ich meinen, aber nein, web.de bringt es trotzdem auf eine Schlagzeile und mich zum Verzweifeln:

Donnerstag, 9. Januar 2014

Dienstag, 7. Januar 2014

"Wir stellen mit Erfolg unsere Kunden weltweit zufrieden"

Als ich von der Unterschriftenliste einiger Amazon-Mitarbeiter gegen den Streik bei dem Versandhändler hörte, dachte ich, es ginge den Unterzeichnern darum, die Strategie der Gewerkschaft zu kritisieren. An dieser gibt es tatsächlich einiges auszusetzen. Aber mitnichten - es geht ihnen darum, dass Ver.di auf ihrem lieben Unternehmen herumhackt!



Ich fürchte, in Deutschland werden die Arbeiterinnen und Arbeiter noch korporatistisch bleiben, wenn sie hungern. Gepeitscht werden sie ja schon.