Montag, 19. November 2018

New Public Science Management

Matthias Gronemeyer hat für Deutschlandfunk Kultur einen schönen Kommentar zur Fake Science-Debatte geschrieben.
Dieser Markt für fadenscheinige akademische Reputationen konnte sich nur entwickeln, weil der Wissenschaftsbetrieb selbst längst kapitalistischen Marktkriterien unterworfen ist.
Gronemeyer kritisiert die "neoliberale Wissenschaftspolitik". Analog zum New Public Management könnten wir sie vielleicht New Public Science Management nennen, mit der einschlägigen Kennzahlen-Fixierung und Standardisierung, aus denen das heutige wissenschaftliche Hordenverhalten resultiert.
Wenn die Lehre an den Universitäten aber finanziell ausgehungert wird und Forschungsgelder nur noch über Drittmittelanträge zu bekommen sind, dann werden auch nur noch die Themen bearbeitet, die in der science economy gerade Konjunktur haben.
Eben. Angst führt gerade nicht zu riskantem Verhalten, wie es einer der Glaubenssätze der neoliberalen Ideologie will. Riskant muss echte Forschung aber sein, weil wir bei der vorher nicht wissen, was rauskommt, im Gegensatz zur Pseudo-Forschung. Merke: Angst führt zu Konformität (jedenfalls im Regelfall, bis zu gewissen Schwellenwerten ...). Und genau deswegen schreiben heute alle Promovenden und Docs und Post-Docs über das gleiche, zitieren dieselben Geistensgrößen und lassen die gleichen Buzz-Wörter fallen, mit denen sie die Geldgeber sich geneigt machen wollen. Eine Art Schwarmintelligenz in Hungerzeiten: "Da muss doch auch für mich noch ein Bröckchen abfallen!"

Ich kann Gronemeyer Kommentar Wort für Wort unterschreiben, bis auf seine Spitzen gegen Englisch als lingua franca der Wissenschaft. Er glaubt, sie sei schuld daran, "dass das Publikum gar nicht mehr beurteilen, ob das Ganze wirkliche Wissenschaft ist, die öffentliche Förderung verdient, oder doch nur Fake". Scheint mit heutzutage das kleinste Hindernis zu sein ...