Dienstag, 7. Mai 2019

Wie Arbeitgeber ihre Beschäftigten beherrschen

Warum taucht die alltägliche Kontrolle und Gängelung der Lohnabhängigen im öffentlichen Diskurs und in der wissenschaftlichen Debatte überhaupt nicht auf? Diese Frage will die Sozialphilosophin Elizabeth Anderson in ihrem neuen Buch "Private Regierung" beantworten und kritisiert einige Grundannahmen der Neoklassik.
Warum erkennen wir einen solch allgegenwärtigen Teil unserer sozialen Verhältnisse nicht als das, was er ist? Stattdessen reden wir so, als ob Arbeitnehmer von ihren Vorgesetzten nicht beherrscht werden. Warum sprechen wir, als ob sie bei der Arbeit frei sind und die einzigen Gefahren für unsere individuelle Freiheit vom Staat ausgehen?

Es wird noch immer unentwegt die gleiche Rechtfertigung für die Marktgesellschaft vorgebracht – dass sie die persönliche Unabhängigkeit der Arbeiter vor willkürlicher Autorität schützen würde – die sich in Hinblick auf ihre ursprüngliche Ambition längst als gescheitert erwiesen hat. Wie Patienten, die eine ihrer Körperhälften nicht wahrnehmen können, kann eine große Klasse dem Liberalismus zuneigender Denker und Politiker eine Hälfte der Ökonomie nicht wahrnehmen: jene Hälfte, die sich jenseits des Marktes abspielt, nachdem der Arbeitsvertrag geschlossen wurde.

Die Sendung "Andruck" / Deutschlandfunk brachte vorgestern meine Besprechung. Eine ausführlichere und genauere Rezension ist diesen Monat in der Konkret erschienen, die stelle ich demnächst ins Netz.