Montag, 12. März 2012

Risiko Neuroimplantate?

Spiegel Online hat meinen Text über die Tiefe Hirnstimulation übernommen - leider mit der missverständlich bis dämlichen Überschrift "Mediziner wagen Gehirnoperation bei wachen Patienten", was ja wirklich nichts Neues ist. Ursprünglich erschienen ist er im Telepolis-Sonderheft "Mensch +".

Neuerdings gibt es Neuroimplantate mit acht statt wie bisher vier Kontakten. Forscher versuchen, mit zeitlich versetzten Signalen den krankhaften Gleichklang im betroffenen Nucleus accumbens bei Parkinson aus dem Takt zu bringen, ohne "die Selbstorganisation der Neuronen" zu stören. Dazu haben Wissenschaftler vom Forschungszentrum in Jülich spezielle Signal-Muster entwickelt. Noch ist unklar, ob dieses neue Verfahren sich bewähren wird.
Neurologen hoffen, dass durch immer kleinere Elektroden und immer bessere Rhythmisierung der Impulse gezieltere Interventionen ins Hirn möglich werden. Lassen sich so demnächst Gefühle oder Gedanken erzeugen? Wird es gar möglich, die geistigen Fähigkeiten von Gesunden zu steigern?
Noch steht nicht fest, ob sich die THS als Behandlung von schweren seelischen Störungen etablieren wird. Aber der mechanisch-technische Eingriff ins Hirn stimuliert auch die Phantasie von Autoren, die mit Medizin nichts zu tun haben. Zum Beispiel die des amerikanischen Buchautors Ray Kurzweil. "Alle werden neuronale Implantate benutzen", sagte er in einem Interview einmal. "Sie werden unsere Erinnerungen erweitern, sogar unsere emotionalen Möglichkeiten, unsere Fähigkeiten, Muster zu erkennen, unsere kognitiven Fähigkeiten. Wir werden das menschliche Potenzial vergrößern, in dem wir es mit der Technologie vermählen." Spätestens in dreißig Jahren werde es so weit sein. Das war vor fünfzehn Jahren. Unwahrscheinlich, dass Kurzweils Vorhersage rechtzeitig eintreten wird.

Mein Standpunkt also, wie fast immer: "Alles halb so aufregend." Die Redateure, wie fast immer: "Das muss trotzdem aufregend klingen!"